Budapest/Wien - Die Europäische Gesellschaft für Humangenetik (EHSG) hat scharf gegen den rassistisch motivierten Gentest protestiert, den ein Parlamentsabgeordneter der rechtsextremen ungarischen Jobbik-Partei ("Die Besseren") an sich vornehmen ließ. Der Mandatar, dessen Name nicht veröffentlicht wurde, hatte von einem Labor in Budapest sein Genom (18 verschiedene Genabschnitte) sequenzieren lassen. Dann ließ er sich als frei von jüdischen bzw. Roma-Vorfahren bezeichnen.

"Die Verwendung von genetischen Tests zu ethnischer Abstammung für politische Aktionen ist nicht nur wissenschaftlich dumm, sondern auch unethisch und sollte verurteilt werden. (...) Die Verwendung durch einen Angehörigen des Parlaments der weit rechts stehenden Jobbik-Partei, um zu versuchen, seine ,ethnische Reinheit‘ zu beweisen, ist ethisch inakzeptabel", heißt es in der Erklärung der Gesellschaft. EHSG-Präsident Jörg Schmidtke erklärt weiters: "Das ist ein grober Missbrauch des Wertes von genetischen Tests ... Es kommt noch hinzu, dass der Test nichts beweist. Es ist unmöglich, die Herkunft eines Menschen aus der Analyse derart weniger Genabschnitte zu bestimmen."

Bela Melegh, Präsident der Ungarischen Gesellschaft für Humangenetik, meinte: "Wir waren schockiert ... Das diente nicht nur nicht einem diagnostischen Zweck, sondern wurde benutzt, um Spannungen zwischen Menschen verschiedener ethnischer Herkunft zu erzeugen. Wir verlangen von der ungarischen Regierung, diese Angelegenheit zu verfolgen." Seit 2008 gebe es entsprechende Gesetze.

Antwort auf Kritik Wiesels

Der ungarische Parlamentspräsident László Köver hat unterdessen auf die Kritik von Friedensnobelpreisträger Elie Wiesel geantwortet. Aus Protest dagegen, dass Köver in Rumänien an der versuchten Neubestattung des ungarischen Schriftstellers József Nyirö teilnahm, hat Wiesel einen ihm von der ungarischen Regierung verliehenen hohen Orden zurückgewiesen. Nyirö, der als Blut- und Boden-Literat und bekennender Rassist bezeichnet wird, war laut Köver weder "ein Kriegsverbrecher noch ein Faschist oder Antisemit". Für diese Behauptung gebe es in Nyirös Werken keine Beweise. Köver erinnerte daran, dass es die erste Regierung von Premier Viktor Orbán (1998-2002) gewesen sei, die den Holocaust-Gedenktag in Ungarn einführte. (APA, red/DER STANDARD, 25.6.2012)