Wien - Petra Draxl (50) wird neue Geschäftsführerin des Wiener Arbeitsmarktservice (AMS). Sie übernimmt die Funktion per Anfang Juli von der scheidenden Chefin Claudia Finster. Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) habe die Bestellung unterschrieben, bestätigte ein Minister-Sprecher die Personalentscheidung. Diese werde nun dem AMS-Verwaltungsrat übermittelt. Die 50-jährige Draxl kommt selbst aus Hundstorfers Ministerium und war dort zuletzt Abteilungsleiterin des Europäischen Sozialfonds (ESF).
Die designierte Wiener AMS-Chefin setzte sich gegen die bisherige Stellvertreterin Inge Friehs sowie den Arbeitsmarktexperten der Wiener Arbeiterkammer, Gernot Mitter, durch. Der Personalentscheidung war ein längeres internes Kräftemessen vorangegangen. Dem Vernehmen nach sei Friehs nämlich bei der Nachfolgesuche an erster Stelle gereiht worden. Das Wiener Rathaus sowie Teile der Gewerkschaft sollen jedoch gegen ihre Bestellung durch den AMS-Verwaltungsrat votiert haben. Nachdem dort bis zuletzt keine Entscheidung gefallen war, oblag die Wahl nun dem Sozialminister.
Unterlegene Bewerberin kündigt Klage an
Die nicht zum Zug gekommene Friehs will nun klagen - sobald ihr die Entscheidung offiziell mitgeteilt wurde, berichtete ein Sprecher des AMS. Sollte die Entscheidung bestätigt werden, werde die derzeitige Stellvertreterin "alle rechtlichen Möglichkeiten" wahrnehmen. Sie hätte, da sie Bestgereihte war, laut Stellenausschreibungsgesetz zum Zug kommen müssen, hieß es. Die Wirtschaftskammer will sie dabei unterstützen.
WKÖ: "Entscheidung nicht gerechtfertigt"
Protest gegen die Entscheidung von Hundstorfer kam auch umgehend von der Wirtschaftskammer. "Die Entscheidung ist nicht gerechtfertigt", so ein WKÖ-Sprecher. Die Kammer vermutet "parteipolitischen Postenschacher", da die unterlegene Friehs eigentlich die erstgereihte Kandidatin gewesen sei. Ein Sprecher Hundstorfers wies dies entschieden zurück.
Hundstorfer sei ein Dreier-Vorschlag für die Nachfolge der Geschäftsführung übermittelt worden. "In den Unterlagen des Ministers fand sich keine Reihung", versicherte der Sprecher des Sozialministers. Parteipolitik habe bei der Entscheidung "überhaupt keine Rolle" gespielt.
Dieser Sichtweise widerspricht die Wirtschaftskammer entschieden. Demnach hätten sich für die Nachfolge der scheidenden Geschäftsführerin Finster drei Personen beworben, wobei Friehs von einem externen Personalberater Anfang Mai als qualifizierteste Kandidatin befunden worden sei. Draxl sei nur an dritter Stelle gelegen.
Postenschacher-Alarm
WKÖ-Präsident Leitl hatte sich bereits am Vormittag, als die Personalentscheidung noch nicht bestätigt war, empört gezeigt: "Sozialpartnerschaft darf nichts mit Packelei und Mauschelei zu tun haben." In der Causa spielten "die unterschiedlichsten Interessen, in die der ÖGB, die AK, der Bundesminister selbst und vor allem - wenn auch im Hintergrund - die Politik in Wien involviert sind, eine Rolle". Allerdings müsse die beste Qualifikation Vorrang haben vor Parteibuchwirtschaft. Angesichts der sich abzeichnenden Entscheidung Hundstorfers hatte Leitl übrigens den Sozialminister von der heutigen Sitzung des Wirtschaftsparlaments ausgeladen.
Auch die Industriellenvereinigung hat die umstrittene Neubesetzung der Wiener AMS-Führung kritisiert. (APA, 28.6.2012)