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Merkel (links), Monti (Mitte) und Van Rompuy (rechts) - Regierungschefs und Spitzenbeamte wissen: Die Eurokrise wird andauern.

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Berlin/Brüssel - Am Donnerstag und Freitag findet in Brüssel der Gipfel der 27 Staats- und Regierungschefs der EU statt. Es soll ein Wachstumspakt beschlossen werden, der Ausgaben in Höhe von 130 Milliarden Euro vorsieht und sich auch auf Jugendbeschäftigung fokussiert. Andere Punkte, die Banken- und Fiskalunion beispielsweise, werden mehr Zeit brauchen. "Wir sollten uns alle mental darauf einstellen, den Rest dieses Jahrzehnts in dieser Krise zu stecken", meinte der finnische Europa-Minister Alex Stubb zu Beginn der Beratungen.

Europa funktioniere grundsätzlich in Krisen-Zyklen, die der Regel zehn Jahre andauerten, so der Minister.

Absicherung der Eurozone

Beim Wachstumspakt handelt es sich zu einem großen Teil um ohnehin bereits vorgesehene Ausgaben. Hinzu kommen neue Kredite der Europäischen Investitionsbank (60 Milliarden Euro) und Projektanleihen von etwa 18 Milliarden Euro. Details über die von manchen als "Fantasiezahlen" bezeichneten Planspiele finden Sie hier.

EU-Kreise rechneten am Donnerstag hingegen nicht mit einer Einigung über die sogenannte Bankenunion, die eine europäische Bankenaufsicht, die gemeinsame Sicherung der Einlagen sowie eine von den Banken selbst finanzierte Rettungseinrichtung vorsieht. Dies könnte Ende 2013 in Kraft treten. (Hier geht es zu den offenen Punkten)

Diplomaten sagten in Brüssel, bei dem Gipfel werde es auch um kurzfristige Maßnahmen zur Absicherung der Eurozone gehen. Im Kern geht es darum, den Druck von Spanien und Italien zu nehmen, die hohe Zinsen für ihre Anleihen zahlen müssen. Italiens Ministerpräsident Mario Monti hatte Anleihenkäufe durch den Krisenfonds EFSF ins Spiel gebracht. Ein solcher Ankauf ist freilich unter den bisherigen Vorgaben bereits möglich, der Fonds machte aber bisher keinen Gebrauch davon. Nun wird der politische Wille dafür ausgelotet.

Keine Eurobonds

Eurobonds dürften hingegen nur am Rande vorkommen. Angela Merkel spricht sich weiter resolut gegen eine Vergemeinschaftung von Schulden aus. Derweil macht Frankreichs Präsident Francois Hollande einen Rückzieher bei den Eurobonds, für die er beim Sondergipfel vor vier Wochen noch offensiv geworben hatte. Sie seien eine "Perspektive" für die nächsten zehn Jahre.

Zu Euro-Bonds merkte Österreichs Kanzler Faymann an, dass es zwar dauern werde sie einzuführen, aber sie langfristig notwendig wären, "wenn wir Stabilität haben wollen". Auch für Außenminister Michael Spindelegger (ÖVP) sind Eurobonds langfristig möglich, kurzfristig bleibt er aber skeptisch: "Eine Verteilung der Schulden - so eine Art Schuldenclub Europa - dafür stehe ich nicht zur Verfügung."

Juncker als Eurogruppenchef einzementiert

Jedenfalls werde das Wort Konvent - dieser wird bei einer breiten EU-Reform eingerichtet - nicht vorkommen, hieß es aus deutschen Regierungskreisen. Pikantes Detail am Rande: Im knapp 15-seitigen Gipfelentwurf findet sich nur eine halbe Seite über eine stärkere Integration der EU inklusive Fiskal- und Bankenunion. Ganze neun sind hingegen dem "Wachstums- und Beschäftigungspakt" gewidmet, um den es beim Treffen ja eigentlich geht.

Als fix gilt hingegen, dass der luxemburgische Ministerpräsident Juncker Chef der Eurogruppe bleiben soll. Das sagten zwei mit dem Vorgang Vertraute am Donnerstag. Zugleich stehe fest, dass der bisherige Chef des provisorischen Rettungsschirms EFSF, Klaus Regling, auch den Nachfolgefonds ESM leiten werde.

Formal dürften die EU-Finanzminister bei ihrer Sitzung am 9. Juli Juncker neuerlich absegnen. Es wäre bereits das fünfte Mal.

Spanien hofft auf Befreiungsschlag

Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy erhofft sich von dem Gipfel einen Befreiungsschlag, der die viertgrößte Wirtschaftsmacht der Eurozone aus der schlimmsten Not rettet. Sein Land könne den Staatshaushalt zu den jetzigen Bedingungen nicht mehr lange Zeit finanzieren, warnte der Regierungschef. Die Zinssätze seien für das Land nicht mehr lange bezahlbar. Sie kletterten für zehnjährige Papiere am Donnerstag auf 6,983 Prozent gestiegen. Auch italienische Renditen wurden mit 6,225 Prozent neuerlich teurer. (APA/Reuters, red, derStandard.at, 28.6.2012)