Das Schuljahr 2011/12 geht dem Ende entgegen, die Zeugnisse werden verteilt. Im Herbst hieß es, es werde ein Jahr der Bildungsreform. Doch war es das?

Auf eine wirkliche Strukturreform im Schulbereich, ein neues Lehrerdienstrecht, eine neue Lehrerausbildung hat man sich in diesem Schuljahr so wenig geeinigt, wie die Situation der Elementarpädagogen verbessert wurde. Sie sind der vergessene Teil der Bildungspolitik.

Was als Strukturreform gefeiert wird, ist in Wahrheit die Umwandlung der Hauptschule in die Neue Mittelschule. Die Separierung sozialer Gruppen in Ballungsräumen wird dadurch nicht verbessert.
Im Kindergarten braucht es mehr finanzielle Mittel, eine bessere Ausbildung und bessere Arbeitsbedingungen. Zu viele ausgebildete Elementarpädagogen verlassen ihren Beruf, auch weil dieser gesellschaftlich zu wenig anerkannt ist.

Bildungsstandards wurden eingeführt, wie aber mit den gewonnen Daten umgegangen wird, bleibt aber unklar.

Scheitern und Strafen standen am Ende des Schuljahrs. Die Zentralmatura wurde auf 2015 verschoben, eines der Großprojekte von Claudia Schmied, eine Niederlage. Die Strafen für Schulschwänzer wurden erhöht - beides Wünsche der ÖVP, die Bildungsministerin Schmied erfüllt hat.

Dieses Schuljahr wäre wie geschaffen für bildungspolitische Reformen gewesen: ein Bildungsvolksbegehren, keine Wahlen, genug Themen, die zu erledigen wären, innenpolitische Skandale in anderen Bereichen - und eine ÖVP, die nach einem neuen Image suchte und sucht. Doch diese Möglichkeiten blieben ungenutzt.

Das Bildungsvolksbegehren fuhr einen mittleren Erfolg ein, der Antrieb für Reformen blieb aus. ÖVP und SPÖ beharrten auf ihren Positionen. Teilweise bestehen diese seit den 1920er Jahren.

Das Zermürbende für Eltern, Lehrer und Schüler ist die Unsicherheit, die daraus entsteht, dass Reformen angekündigt und verschoben, Positionen eingenommen und wieder verlassen werden.

Die Chance zur Veränderung ist jedoch vorerst vertan. Das nächste Schuljahr ist ein Jahr des Wahlkampfs. Und die Auswirkungen einer Bildungsreform lassen sich erst Jahre nach der Amtszeit einer Ministerin oder eines Gewerkschaftsbosses erkennen. Das ist ihr Fluch und ihr Segen.

Als Motor eines Wahlkamps in einem tendenziell bildungsfeindlichen Land ist Bildungspolitik ungeeignet. Auf Reformen gilt es zu warten.

Doch nun ist einmal Sommer. Im Herbst wird es trotzdem heißen: Heuer ist das Jahr der Bildungsreform. (Sebastian Pumberger, derStandard.at, 29.6.2012)