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An Italiens Regierungschef Mario Monti biss sich sogar Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel die Zähne aus.

Foto: AP/Roge

Zu hundert Prozent." Die Antwort von Angela Merkel war kurz, prägnant, maximal. Alle Beschlüsse seien durch den Eurorettungsschirm ESM gedeckt.

Ob denn die Vereinbarungen der Regierungschefs der Eurozone zur Ausweitung möglicher Hilfen für die Banken oder bei Staatsanleihen in Italien nun im deutschen Bundestag Nachbesserungen verlangten, wurde sie Freitag am Ende eines EU-Marathongipfels in Brüssel gefragt.

"ESM, wie er ist"

"Der ESM wird abgestimmt, wie er ist", erklärte die deutsche Kanzlerin, die anschließend im Eiltempo nach Berlin zurückfliegen musste, wo der Bundestag bereits tagte. Und sie setzte nach, dass sie selber noch einmal die ESM-Richtlinien nachgelesen habe. Diese erlaubten "ein Vollprogramm" der überwachten Reform mit Krediten für ein ganzes Land oder den Ankauf von Staatsanleihen auf Primär- und Sekundärmärkten, Bankenhilfen, Präventivmaßnahmen. Das alles sei so schon länger vorgesehen gewesen, klar geregelt, dozierte Merkel.

Man habe aber im Kreis der EU-Spitzen "endlich einmal" auch darüber geredet, wie die beschlossenen Instrumente im Einzelfall angewendet werden. Unterschiede gäbe es in Bezug auf die einzelnen Hilfsaktionen lediglich darin, ob bei der Überwachung nur Experten von EU-Kommission und Zentralbank (EZB) oder auch vom Internationalen Währungsfonds (IWF) beteiligt seien.

Aber sollte "eines Tages eine ,Superbankenaufsichtsbehörde' aktiv werden" , die direkt in die Belange der Nationalstaaten eingreifen könnte, dann werde man darüber erneut abstimmen. Was bei Merkels Abschlusskonferenz wie eine akademische Lehrstunde in Sachen Hilfsfonds klang, war eine Schlüsselszene: für das turbulente Euro-Krisenmanagement auf höchsten Ebenen wie auch für die wilden innenpolitischen Debatten über ESM, EFSF (provisorischer Rettungsschirm), Bonds, Bailouts - in Deutschland wie auch in Österreich.

Vieles ist halbfertig

Die Bürger kommen kaum noch mit bei all den Details. Das meiste in der Krisenpolitik ist nur halbfertig. Den "Europäischen Stabilisierungsmechanismus", der mit 500 Milliarden Euro ausgestattet wird, gibt es noch gar nicht: Er wird laut Gipfelbeschluss am 9. Juli starten. Aber in Europa herrscht Handlungszwang, wenn man vermeiden will, dass die Märkte ganze EU-Staaten wie Italien oder Spanien wegen der Banken in die Knie zwingen. Weil Italiens Premier Mario Monti auf " kurzfristige Maßnahmen" bestand, um die Märkte zu beruhigen, stellte der Ständige Präsident Herman Van Rompuy das Programm um ein Uhr nachts total um.

Das Wachstumspaket für 120 Milliarden Euro, Van Rompuys Projekt einer " echten Währungsunion" traten in den Hintergrund.

Auch der Beschluss, dass eine Gruppe von "mehreren Mitgliedsstaaten" einen Antrag auf Einführung einer Finanztransaktionssteuer stellen wird, " der im Dezember 2012 angenommen werden soll", ging beinahe unter. Laut Kanzler Werner Faymann bedeute dies gute Chance auf Einführung noch 2014. Aber Montis Behauptung, die Eurozone sei bereit, den EFSF via Zentralbank ohne Zugriff auf nationale Haushaltssouveränität Staatsanleihen kaufen zu lassen, dominierte die Szene.

Bankenhilfe für Spanien

In der Erklärung der Eurogruppe liest sich das differenzierter, so wie die Bankenhilfe für Spanien: Man sei bereit, die vorhandenen EFSF/ESM-Instrumente "flexibel und effizient" zu nutzen, um die Märkte für Mitgliedsstaaten zu stabilisieren. Diese müssten aber im Gegenzug die in den Stabilitäts- und Wachstumsverfahren der EU-Kommission vorgegeben Verpflichtungen einhalten. Damit sei deutlich, dass " Disziplin einerseits und Solidarität andererseits" gewährleistet seien, sagte Faymann dazu.

Die Details sollen nun die Eurofinanzminister aushandeln. Ob Jean-Claude Juncker deren Chef bleibt, wurde nicht entschieden. (Thomas Mayer aus Brüssel, DER STANDARD, 30.6./1.7.2012)