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Mehrlingsschwangerschaften durch künstliche Befruchtung waren in der Vergangenheit der Hauptgrund für die steigende Zahl an Frühgeburten (vor der 37. Schwangerschaftswoche).

Foto: APA/W. FEICHTINGER

Wien - Wenn sich der lang gehegte Kinderwunsch dank künstlicher Befruchtung gleich mehrfach erfüllt, dann ist das nicht unbedingt im Sinne der Gesundheitspolitik. Zwillings- oder Drillingsschwangerschaften durch die sogenannte In-vitro-Fertilisation (IVF) sind der Hauptgrund dafür, dass die Zahl der Frühgeburten (vor der 37. Schwangerschaftswoche) hierzulande immer größer wird. Von acht auf elf Prozent stieg der Anteil der Frühchen zwischen 1990 und 2011.

Mit neuen Richtlinien für staatlich geförderte künstliche Befruchtung versuchte Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ) im vergangenen Jahr, dem entgegenzuwirken. Die empfohlene Zahl der einzusetzenden Embryonen wurde - abgestuft nach dem Alter der Frauen - reduziert, und diese Maßnahme bewirkt erste Erfolge. Der aktuelle Bericht des IVF-Registers, der dem Standard vorliegt, zeigt, dass der Anteil der Einlingsschwangerschaften 2011 von 77,6 auf 82,4 Prozent angestiegen ist. 17,2 Prozent der behandelten Frauen wurden mit Zwillingen schwanger (2010: 21,2 Prozent), nur mehr 0,4 Prozent bekamen Drillinge (2010: 1,2 Prozent).

Künstliche Befruchtung heterosexuellen Paaren vorbehalten

Seit 2000 übernimmt der IVF-Fonds 70 Prozent der Kosten für maximal vier Befruchtungsversuche, wenn entsprechende medizinische Begründungen vorliegen, die Frau nicht älter als 40 Jahre und der Mann nicht über 50 ist. Seit Jahren bleibt die Erfolgsrate konstant, etwa bei jedem dritten Mal bekommt eine Frau tatsächlich ein Baby. 2011 wurden 7042 Versuche bei 5023 Paaren durchgeführt, das Ergebnis waren 2114 Schwangerschaften.

Künstliche Befruchtung ist in Österreich heterosexuellen Paaren vorbehalten. "Eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung ist nur in einer Ehe oder Lebensgemeinschaft von Personen verschiedenen Geschlechts zulässig", steht im Fortpflanzungsgesetz. Dass Singles oder lesbische Frauen auf diesem Weg keine Kinder bekommen dürfen, behagt Gesundheitsminister Stöger nicht besonders, wie er im Herbst vergangenen Jahres dem Standard sagte: Man sei damit "nicht auf dem Status, der einem modernen europäischen Staat entspricht".

Entscheidung steht an

Die ÖVP gab sich daraufhin abwartend; im April diesen Jahres erhielt Stögers Vorstoß aber Unterstützung von der Bioethikkommission im Bundeskanzleramt: Sie sprach sich mit 19 zu sechs Stimmen dafür aus, künstliche Befruchtung für alle Frauen, unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung oder ihrem Beziehungsstatus, zugänglich zu machen. Kommissionsvorsitzende Christine Druml begründete dies damit, dass das Wohl des Kindes durch alleinstehende oder homosexuelle Eltern "in keiner Weise gefährdet" sei.

Die Regierung setzte kurze Zeit später eine Arbeitsgruppe ein, diese schielt bei ihren Besprechungen allerdings auf ein Urteil des Verfassungsgerichtshofes (VfGh): Der könnte schon bei einer Herbst-Sitzung darüber urteilen, ob IVF für einen weiteren Personenkreis geöffnet wird, die Stellungnahme der Bioethikkommission gilt dabei als wichtiger Indikator. (Andrea Heigl, DER STANDARD, 2.7.2012)