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Sie schauen bunt und lustig aus, doch die Hersteller von Partydrogen sind oft skrupellos.

Foto: Corbis

Sie werden Speed, Meth, Crystal, oder Arbeiterkoks genannt und versprechen Wohlgefühl, Kraft und Ausdauer - vor allem zum Feiern. Gemeint sind synthetische Drogen aus der Kategorie Amphetamine und Ecstasy und ihre Derivate, unter Fachleuten auch als MDMA bekannt. Die Stoffe lassen sich billig im Labor produzieren und kommen als Pillen mit obskuren Logos oder als Pulver auf den Markt, illegal natürlich.

"In der Allgemeinbevölkerung spielen diese Substanzen eine untergeordnete Rolle", erklärt Hans Haltmayer, Ärztlicher Leiter der Suchthilfe Wien. Die sogenannte Lebenszeitprävalenz liegt in Wien laut Umfragen bei etwa drei Prozent, und weniger als ein Prozent der Befragten gibt an, in den vergangenen 30 Tagen synthetischen Rauschmittel konsumiert zu haben, so Haltmayer.

In der Partyszene dürfte die Konsumhäufigkeit allerdings wesentlich höher sein. "Es gibt eine Gruppe Jugendlicher und junger Erwachsener, die in ihrer Freizeit mit diesen Substanzen in Kontakt kommt", drückt sich Haltmayer vorsichtig aus. Verlässliche Zahlen fehlen. Die Mehrheit dieser jungen Menschen probiere die Drogen nur aus oder konsumiert sie vielleicht ein paar Jahre lang , lasse es dann aber bleiben, meint der Mediziner. "Darum ist es wichtig, dass man diese Gruppe bei der Prävention erfasst und berät, damit sie diese Zeit möglichst unbeschadet überstehen."

Denn die jungen Konsumenten empfinden sich weder als krank noch suchtgefährdet, berichtet Haltmayer. Deshalb brauche es Angebote wie Online-Plattformen und speziell qualifizierte Berater, die bei Raves und ähnlichen Veranstaltungen vor Ort präsent sind.

Vorsicht trotz allem

Besonders genutzt wird bei solchen Gelegenheiten das "Pillen-Testing". Die Benutzer können dort winzige Proben der von ihnen gekauften Substanzen chemisch testen lassen. Das Ergebnis wird in nur einer halben Stunde anonymisiert mitgeteilt. Die gewonnenen Erkenntnisse über die Zusammensetzungen werden selbstverständlich auch wissenschaftlich evaluiert. Der Hintergrund: Den Verbrauchern wird oft minderwertige Ware angedreht. "Der Konsum ist ein Blindflug", betont Haltmayer. Der Käufer habe sonst keine Ahnung, welche Stoffe in welchen Mengen enthalten sind. So enthielten nach Untersuchungen des Präventionsprojektes ChEckiT in Wien im Jahr 2000 lediglich 57 Prozent der als Amphetamin verkauften Präparate auch tatsächlich nur Amphetamin. 2009 betrug dieser Anteil lediglich 9,7 Prozent.

"Das Testen trägt stark zur Risikominimierung bei", sagt Haltmayer, denn die Qualität verschlechtere sich kontinuierlich und rapide. Im März 2012 sind zum Beispiel zwölf Tabletten mit PMA aufgetaucht, die als Ecstasy verkauft wurden." PMA ist gefährlich. Im Verhältnis zur Dosis erweist es sich als ziemlich schwach, die potenziellen Nebenwirkungen aber bleiben. Konsumenten spüren zunächst wenig und schlucken deshalb oft mehr. Das Risiko für Körperüberhitzung steigt. Die Pillenproduzenten verwenden PMA, weil es billiger ist, erklärt Haltmayer, das sei Gewinnmaximierung auf Kosten der Verbraucher.

Die Gefahren des Konsums von synthetischen Drogen gehen jedoch nicht nur von gepantschten Präparaten aus. Sie wirken stark auf das sympathische Nervensystem. Bei vorbelasteten Personen können deshalb Herzinfarkt oder Hirnschlag eintreten. Die Menschen brechen dann plötzlich auf der Tanzfläche zusammen und sind manchmal nicht mehr zu retten. Auch Krämpfe des Zentralnervensystems, ähnlich wie bei epileptischen Anfällen, kommen vor. Auch psychotische Zustände sind nicht selten, vor allem wenn Konsumenten die Drogen über mehrere Tage hinweg nehmen.

Über die Langzeitschäden durch MDMA & Co herrscht wissenschaftlich noch keine umfassende Klarheit. Die Neurotoxizität von hohen Dosen wurde allerdings in diversen Tierversuchen nachgewiesen, besonders bei Amphetaminen. Betroffen sind dann hauptsächlich diejenigen Bereiche von Nervenzellen, welche die körpereigenen Botenstoffe Dopamin und Serotonin produzieren.

Vor allem Amphetamine führen bei regelmäßiger Einnahme zur Herausbildung einer Toleranz, erklärt Haltmayer. Benutzer müssten dadurch immer größere Dosen schlucken, um den erwünschten Effekt zu erzielen. Die größten Probleme treten bei Multi-Drug-Usern auf, bei denen MDMA oder Amphetamine nur eine von vielen anderen Substanzen ist, so Haltmayer. Diese Menschen wachsen oft auch nicht mehr aus der Konsumentenphase heraus. Und anders als bestimmte harte Drogen sei die Intensivnutzung von synthetischen Rauschmitteln mittlerweile auch nicht mehr auf bestimmte gesellschaftliche Bereiche begrenzt. "Das geht durch alle sozialen Schichten und alle Musikszenen." Bis hin zur Dorfdisco. (Kurt de Swaaf, DER STANDARD, 2.7.2012)