Michael Hörl: Die Gemeinwohl-Falle. Ecobizz-Verlag, Großgmain 2012, 427 Seiten, 24,40 Euro.

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Michael Hörl streitet gerne. Als Lehrer an einer Tourismusschule ist ihm aufgefallen, mit wie wenig Wirtschaftswissen Schüler konfrontiert sind - und wie anfällig sie für populistische Deutungen des Wirtschaftslebens sind. Etwa als Attac-Sprecher Christian Felber an seiner Schule aufgetreten ist. Felber wurde sofort zur Lieblingszielscheibe von Hörl: In seinem ersten Buch "Die Finanzkrise und die Gier der kleinen Leute" knöpfte Hörl ihn sich nur nebenbei vor, "Die Gemeinwohl-Falle" ist die direkte Antwort auf Felbers Vision "Die Gemeinwohl-Ökonomie" (bei Deuticke neu aufgelegt) - und auf Veröffentlichungen von Jean Ziegler und Franz Hörmann.

Für Hörl ist der Kapitalismus das Allheilmittel - und wo er Übelstände hervorbringt, rechnet Hörl sie sich schön: So sei unbestreitbar, dass der Manchesterkapitalismus ähnlich wie die Verstädterung in der Dritten Welt üble Slums entstehen ließ. Doch wer im Slum lebt und (Industrie-)Arbeit hat, verdient und lebt immer noch besser als ein Landarbeiter.

Vermögen anzuhäufen mag zur Zeit Jesu damit verbunden gewesen sein, dass der Reiche dem Armen etwas wegnimmt - aber das gelte in Wirtschaftssystemen, die auf dem Markt erfolgreiche Produkte schaffen, eben nicht, sagt Hörl. Und er nennt als Gegenbeispiel die Wirtschaftssysteme des Marxismus-Leninismus, die sich angemaßt haben, Gemeinwohl zu schaffen - womit sie durchwegs gescheitert sind. Für politisch gefährlich hält es Hörl, wenn linke Autoren und Funktionäre karitativer Organisationen ständig darauf verweisen, dass die Armut im Zunehmen sei: Das verstelle nicht nur den Blick auf notwendige wirtschaftliche (in Hörls Lesart: unternehmerfreundliche) Maßnahmen, es stärke auch - unbeabsichtigt - Positionen der extremen Rechten. Ärgerlich an dem Buch ist aber weniger sein Inhalt als seine formale Ausführung; ein sorgfältiges Lektorat und professionelle Grafiken hätten die Lesbarkeit erhöht. (Conrad Seidl, DER STANDARD, 3.7.2012)