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Hätte seine Expertise auch um einiges billiger gegeben, sagte Steuerberater Dietrich Birnbacher bei seiner Einvernahme, "es hat mich aber niemand gefragt".

Foto: APA/Gert Eggenberger

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Kärntens ÖVP-Chef Josef Martinz hat den Steuerberater beauftragt.

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Regen Zustrom dürfte es diese Woche im Klagenfurter Straflandesgericht geben. Erwartet werden angeklagte Politiker und jede Menge hitzeresistente interessierte Zuschauer: Am Mittwoch beginnt das Strafverfahren in der Causa Birnbacher, in der neben Wirtschaftsprüfer Dietrich Birnbacher und den zwei Chefs der Kärntner Landesholding, Hansjörg Megymorez und Gert Xander, auch der Kärntner ÖVP-Chef und Ex-Landesrat Josef Martinz auf der Anklagebank Platz nehmen muss. Und am Freitag geht das Verfahren gegen Uwe Scheuch in der Causa "Part of the game" (Verdacht der verbotenen Geschenkannahme) weiter.

Wie der blaue Himmel im Wörthersee spiegelt sich in der Causa Birnbacher die Kärntner Realverfassung unter dem damaligen Landeshauptmann Jörg Haider wider. In der Sache geht es um jene sechs Millionen Euro Honorar, die Birnbacher für seine Beraterdienste (manifestierte sich als schlanke sechs Seiten Expertise) beim Verkauf der landeseigenen Hypo Alpe Adria 2007 an die BayernLB kassiert hat. Als Berater bestellt wurde der Villacher, der Steuerberater und Freund von Ex-Landesholding-Aufsichtsratschef Martinz ist, von Haider und Martinz - unter dem Siegel der Verschwiegenheit. Schließlich sollte niemand wissen, dass die Landesbank verklopft wird.

Die Diskretion hielten die zwei Birnbacher-Auftraggeber eisern durch. Die Chefs der Landesholding (KLH; hielt die Bank-Anteile) erfuhren erst im Februar 2008 von Birnbachers Involvierung, als der nämlich seine Honorarnote an sie schickte: zwölf Millionen Euro.

Der Rest ist Wirtschaftsgeschichte: Die KLH ließ etliche Gutachten erstellen, ob sie das Honorar erstens überhaupt bezahlen dürfe und, zweitens, ob es "angemessen" sei. Die Gutachter bejahten. In den Worten des Anklägers: "Ohne jeglichen Widerstand beugte sich der KLH-Vorstand und er (Birnbacher; Anm.) dem Willen des Landeshauptmanns, die vielen Gutachter seien nur "zu Rechtfertigungszwecken befasst worden". Letztlich flog die Affäre auf, wegen des öffentlichen Drucks ließ sich Birnbacher von Haider ("Birni, ... bist du mit sechs Millionen auch zufrieden?") auf die Hälfte (0,6125 Prozent des Verkaufserlöses) runterhandeln. Der Begriff "Patriotenrabatt" war geboren.

Die KLH zahlte, der vom Staatsanwalt engagierte Sachverständige Frank A. Schäfer kam freilich zum Schluss, dass für Birnbachers Leistung nur ein Honorar von "bis zu 200.000 Euro (netto) angemessen" gewesen wären. Und: keine Spur von der "Tätigkeit einer Investmentbank", mit der die Kärntner und die Gutachter - die nun als Zeugen aufmarschieren - Birnbachers Leistung stets verglichen hatten. "Birnbacher war über wenige Wochen lediglich mit der Evaluierung eines bereits feststehenden Anteilsverkaufs an die einzige Kaufinteressentin BayernLB befasst", so der Ankläger.

Bei 100.000 Euro begonnen

Pikanterie am Rande: Laut Anklage hatte Birnbacher ursprünglich nur ein Honorar von 100.000 Euro ausgemacht; erst im Jänner 2008 sei Haider "nach Rücksprache mit Martinz" bei Birnbacher aufgetaucht und habe ihn aufgefordert, ein "Erfolgshonorar" (zwölf Mio. Euro) zu verrechnen.

Die Angeklagten weisen die Vorwürfe zurück, werden wohl auf unschuldig plädieren. Es gilt die Unschuldsvermutung. Während Martinz wegen der Anklage als Landesrat und KLH-Präsident zurückgetreten ist, sind Megymorez und Xander weiterhin im Amt.

Sollte Martinz tatsächlich wegen Anstiftung zur Untreue verurteilt werden, wäre seine Politikerkarriere endgültig ruiniert. Doch die Verfahren dürften lang dauern. Bis zum endgültigen Urteil könnte Martinz die Birnbacher-Affäre zumindest als Kärntner VP-Chef aussitzen. Ihm folgte als Landesrat und in der Landesholding sein langjähriger Büroleiter, Achill Rumpold.

Eines ist bereits jetzt fix: Die Causa Birnbacher gehört längst auch in die Justizgeschichte. Die Sache wurde zwei Mal angezeigt und eingestellt, nur auf Basis schriftlicher Stellungnahmen der Beschuldigten. Erst im dritten Anlauf kam es zur Anklage - fast dreieinhalb Jahre nach Haiders Tod. (Renate Graber/Elisabeth Steiner, DER STANDARD, 3.7.2012)