Budapest - "Antisemitische Provokationen aus den Vereinigten Staaten gegen Ungarn" müssten gestoppt werden. Dies hat der ungarische Premier Viktor Orban am Dienstag in einem Brief an 50 Mitglieder des Washingtoner Kongresses gefordert und sie um Hilfe ersucht, wie die Nachrichtenagentur MTI berichtete. Er reagierte damit auf eine Aufforderung der US-Angeordneten an die führenden Kräfte Ungarns, "ihre Stimmen gegen den Antisemitismus und jede Form des Fanatismus zu erheben".

In seinem Antwortschreiben an die Kongressmitglieder erinnerte Orban daran, dass in Ungarn "die durch ihn geführte politische Gemeinschaft, die auf christdemokratischer Basis beruht, seit Jahrzehnten um ihre Freiheit und die Achtung der menschlichen Würde" kämpfe. Über die hier erzielten Erfolge könne die ungarische Botschaft in Washington "gerne mit Details dienen", so Orban.

Kongressmitglieder sorgen sich

Während seiner Regierungstätigkeit sei die durch ihn geführte Gemeinschaft und er selbst "bedeutenden antisemitischen Angriffen ausgesetzt", wobei die hinter den Angriffen stehenden Kräfte die größte Unterstützung aus den Vereinigten Staaten erhielten. Ein ungarisches Nachrichtenportal, das um gerichtlichen Konsequenzen zu vermeiden, in die USA geflohen sei, bezeichnete Orban als "ungarische Zentrale des Antisemitismus".

Werde dieses "Problem gelöst, würden die ungarischen Kräfte des Antisemitismus bedeutend geschwächt". Aus diesem Grunde ersuchte Orban die Abgeordneten des Washingtoner Kongresses, die aus den USA geförderten antisemitischen Provokationen zu stoppen. Nachdem die US-Regierung "unser Ersuchen ablehnte, bitte ich um Ihre Hilfe", so der Wortlaut des Briefes.

In ihrem Brief Ende Juni hatten die Kongressmitglieder ihre "Besorgnis" wegen des Antisemitismus der ungarischen rechtsradikalen parlamentarischen Jobbik-Partei betont. Deren einstige Präsidentschaftskandidatin Krisztina Morvai habe die Juden aus Israel als "lausige, dreckige Mörder" bezeichnet und den ungarischen Juden gedroht, "ihre Zeit ist abgelaufen".

Wiesel lehnte Auszeichnung ab

Der Brief der Abgeordneten des Washingtoner Kongresses erfolgte, nachdem der Holocaust-Überlebende und Friedensnobelpreisträger Elie Wiesel seine hohe ungarische staatliche Auszeichnung zurückgegeben hatte.

Der amerikanische Schriftsteller ungarischer Herkunft hatte den Verzicht auf das Großkreuz des Verdienstordens der Republik Ungarn mit dem wachsenden Antisemitismus und dem Erstarken der Verehrung faschistischer Ideologie begründet. Von einem Staat, der nicht auf Distanz gehe zur faschistischen Vergangenheit, wolle er keine Auszeichnung tragen, betonte Wiesel. (APA, 4.7.2012)