Unterschriftenzeremonie mit den Außenministern Saudi-Arabiens, Österreichs und Spaniens anlässlich der Gründung des König-Abdullah-Zentrums.

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Die Intiative liberaler Muslime in Österreich protestiert gegen das Zentrum für interreligiösen Dialog.

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Jetzt ist es fix: Wien wird ab Ende November Standort des König-Abdullah-Zentrums für interreligiösen und interkulturellen Dialog. Vielerorts herrscht Unverständnis darüber, dass ein Land, das Menschenrechte und Religionsfreiheit grob verletzt, plötzlich im Ausland an einem interreligiösen Dialog interessiert sein soll. SPÖ, ÖVP und BZÖ hatten anders als viele Kritiker trotzdem keine Vorbehalte und ebneten am vergangenen Freitag im Parlament endgültig den Weg für das Dialogzentrum, das vom saudischen König initiiert und finanziert wird.

Schwenk in der FPÖ

Als einzige Partei stellten sich die Grünen von Anfang an gegen das Zentrum. Deren Menschenrechtssprecherin Alev Korun kritisiert, dass dem saudischen Regime mit dem Zentrum "ein Persilschein ausgestellt" werde. Wenn es Saudi-Arabien ernst sei mit dem Zentrum, hätten im Vorfeld die riesigen Diskrepanzen zwischen den Lebenswirklichkeiten in Saudi-Arabien und dem Ansinnen, einen Dialog stiften zu wollen, aus dem Weg geräumt werden müssen, so Korun. Dass SPÖ und ÖVP dem Projekt zustimmten, sei "einer Mischung aus Naivität, Desinteresse und wirtschaftlichem Interesse" geschuldet.

Obwohl im Ausschuss noch für die Errichtung des Zentrums, stimmte die FPÖ im Plenum des Nationalrats anschließend dagegen. Die Wiener FPÖ hatte im Vorfeld schon gegen das Projekt mobilgemacht, obwohl man auf Bundesebene die "mittelgroße Investition am Standort Wien" noch befürwortete. Den Sinneswandel begründete der Abgeordnete Johannes Hübner (FPÖ) mit Vorbehalten gegen den Namen des Zentrums, da es immer automatisch mit dem saudischen Regime in Verbindung gebracht würde. Außerdem befürchtet die FPÖ, dass die Finanzierung nicht langfristig gesichert sei.

Hearing im Herbst

Korun glaubt nicht, dass sich das Regime nach all der lauten Kritik noch trauen wird, uneingeschränkt Einfluss auf die Agenda des Zentrums zu nehmen. Es sei allerdings schlimm genug, wenn der Wahhabismus, die saudische Spielart des Islam, durch das öffentliche Auftreten des Zentrums mit "dem" Islam gleichgesetzt werde. Die wahhabitische Sekte ist innerhalb des Islam eine Minderheit, allerdings in Saudi-Arabien Staatsdoktrin. Anhänger anderer islamischer Strömungen werden als "Ungläubige" gesehen, die Ausübung anderer Religionen im Land ist gänzlich verboten.

Im Herbst wird es auf Bestreben der Grünen ein Hearing im Parlament geben, bei dem es um die Arbeit des Zentrums gehen soll. "Die Bundesregierung war leider nicht bereit, das Hearing vor der Beschlussfassung anzusetzen", kritisiert Korun. Sie fordert, dass das Zentrum auch konstruktive Ergebnisse liefert, die über symbolische Bekenntnisse hinausgehen: "Das Verständnis für andere Religionen muss hinausgetragen werden. Es reicht nicht, wenn sich die Mitglieder des Zentrums anlächeln."

Dass das Zentrum vom Parlament als Organisation mit Völkerrechtspersönlichkeit eingerichtet wurde, ist den Kritikern ebenfalls ein Dorn im Auge. "Damit ist es um einiges einfacher, Visa für ausländische Gäste zu besorgen", erklärt die Völkerrechtlerin Irmgard Marboe. Mitarbeiter sind außerdem vor innerstaatlichen Gerichten nicht klagbar und die Polizei hat keinen Zugang zum Amtssitz, der wie eine Botschaft behandelt wird.

Mahnwache geplant

Einer der schärfsten Kritiker des Zentrums ist Amer Albayati, Gründer der Initiative liberaler Muslime in Österreich. Er sieht das Zentrum als "Farce". ÖVP-Politiker in Österreich würden sich zu Marionetten der Wahhabiten machen und Fundamentalisten Tür und Tor öffnen. "Frau Bandion-Ortner hat sich offensichtlich in eine Burka gehüllt, weil sie nicht sehen will, was hier passiert", sagt Albayati. "Keiner in Österreich will wahrnehmen, dass radikale Elemente des Islam am Wachsen sind."

Damit das Zentrum als legitime Organisation anerkannt werde, müsste Saudi-Arabien zuerst seine "Hausaufgaben" machen, meint Albayati. Er fordert, dass ein interrreligiöses Treffen auch an den heiligen Städten von Mekka und Medina, zu denen Nichtmuslime derzeit keinen Zutritt haben, möglich sein müsse. Außerdem solle Saudi-Arabien den Antrag auf Errichtung von Kirchen im Land genehmigen und den saudischen Großmufti verurteilen, der Ende März dazu aufrief, alle existierenden Kirchen auf der Arabischen Halbinsel abzureißen. Das Problem dabei laut Abayati: Der saudische König und seine Familie seien selbst "Geiseln des Wahhabismus". "Es ist die Religion, die Saudi-Arabien regiert", sagt Albayati. Für die Eröffnung des Zentrums kündigt er an, dass die Initiative liberaler Muslime eine Mahnwache mit symbolischem Hungerstreik abhalten werde. (Teresa Eder, derStandard.at, 9.7.2012)