Bukarest - Im Streit um eine vermeintliche Leugnung des Völkermords an Juden im Zweiten Weltkrieg bleibt die Regierung in Bukarest hart. "Es hat auf dem heutigen Gebiet Rumäniens keinen Holocaust gegeben", erklärte Vasile Dincu am Montag in Bukarest. Dincu war bis zu der vor ein paar Tagen erfolgten Regierungsumbildung Minister für öffentliche Information. Die Feststellung - enthalten in einem Abkommen zwischen der Regierung und dem Holocaust-Museum in Washington über den Zugang zu rumänischen Archiven - hatte bei jüdischen Organisationen zu heftiger Empörung geführt.

"Falsche Erklärung"

So wies das israelische Institut Yad Vashem die Erklärung als "falsch" zurück. Es sei erwiesen, dass in Groß-Rumänien (einschließlich des mit nazideutscher Hilfe besetzten Bessarabien) sowie in Transnistrien Massenmorde an Juden stattfanden. Die jüdische Gemeinde in Rumänien war über die Stellungnahme der Regierung empört.

Die Diktatur des mit Hitler verbündeten faschistischen Marschalls Ion Antonescu (1940-1944) habe selbst umfangreiche Pogrome in Bukarest und Iasi initiiert und Massendeportationen vorgenommen. Und Transnistrien sei als Gebiet des damals von den Deutschen besetzten ukrainischen Territoriums der rumänischen Verwaltung unterstellt gewesen.

Dincu - er war ursprünglich als Urheber der Erklärung gehandelt worden - wies darauf hin, dass es sich um einen Text handle, der von Kulturminister Razvan Theodorescu, einem Historiker, verfasst worden sei. "Das sind die Schlussfolgerungen eines Symposiums, das vergangenes Jahr in der Akademie der Wissenschaften zwischen jüdischen und rumänischen Historikern stattgefunden hat. Und Theodorescu ist auch Chef der rumänisch-israelischen Freundschaftsgruppe."

"Verbrechen betreffen nicht rumänischen Staat"

Die Regierungserklärung habe zudem folgende Randbemerkungen gehabt, sagte Dincu: "In Nord-Siebenbürgen gab es einen Holocaust während des Zweiten Weltkriegs. Zu dieser Zeit gehörte dieser Teil Rumäniens aber zum Ungarn des Horthy-Regimes (von Reichsverweser Miklos Horthy). Es gab auch Deportationen von Juden und Roma in einem Territorium Transnistriens, dass sich heute - so glauben wir zumindest - unter der Oberherrschaft Moldawiens befindet. Die Geschichtsschreibung nimmt daher an, dass diese Verbrechen nicht den rumänischen Staat betreffen. Das entspricht der historischen Wahrheit."

Außerdem habe die Regierung im vergangenen Jahr eine Dringlichkeitsverordnung veranlasst, derzufolge die Leugnung des Holocaust verboten ist, und die Aufstellung von Statuen von Diktator Antonescu untersagt. Rumänische Neofaschisten hatten dies geplant. Allerdings sind auch diese Schritte nicht unumstritten. Der rumänisch-jüdische Historiker Michael Shafir warf der Regierung laut Medienberichten vor, sie habe in Hinblick auf die angestrebten Beitritte zu NATO und EU ohnehin nur auf Druck des Westens gehandelt. (APA)