Das Schlimme an Tirol sind die Berge. Schlimm deshalb, weil sich die Abgase aus den Tausenden von Lkw, die sich tagtäglich durch das Unterinntal quälen, wie eine Glocke über die zum Teil durchaus reizenden Ortschaften legen. Und nicht mehr verschwinden, weil die Gebirgsketten den Wind, der die Täler durchlüften könnte, abblocken. Also müssen andere Maßnahmen ergriffen werden, die Luft im Tal zu verbessern.

Anfang der Neunzigerjahre hat Österreich mit der EG, wie die EU damals noch hieß, einen Transitvertrag ausverhandelt, der unter anderem die Absenkung des Schadstoffausstoßes auf 60 Prozent des damaligen Niveaus vorsah. Das Ziel wurde klar verfehlt. Trotz wesentlich sauberer Motoren, mit denen Lkw der jüngeren Generation unterwegs sind, hat sich der Schadstoffausstoß in Summe kaum vermindert. Der Verkehr insgesamt hat sich stark erhöht und wird ab kommendem Jahr noch stärker anschwellen, wenn es keine Beschränkung mehr gibt.

Mit einem sektoralen Fahrverbot auf besonders schadstofflastigen Autobahnteilen in den Bezirken Kufstein, Schwaz und im Großraum Innsbruck stellte die Tiroler Landesregierung der EU-Kommission auch eine Rute ins Fenster. Seht her, was passiert, wenn es keine Nachfolgeregelung für den Ende des Jahres auslaufenden Transitvertrag gibt. Dann wird das Fahrverbot auch auf andere Routen ausgedehnt, wenn die Schadstoffbelastung Grenzwerte übersteigt. Die EU will nun prüfen, inwieweit diese Beschränkung des Transitverkehrs gegen die Dienstleistungs- und Warenverkehrsfreiheit verstößt. Da die Tiroler Gesetzgeber Ausnahmen für lokale Frächter gewährt haben, könnte Brüssel zumindest eine gewisse Ungleichbehandlung der Transporteure beanstanden. Wenn das sektorale Fahrverbot aufgehoben wird, hilft nur noch eines: weg mit den Bergen. (DER STANDARD, Printausgabe, 25.6.2003)