Tipp: In Kooperation mit den "Tagen der deutschsprachigen Literatur" hat übrigens die Zeitschrift "Volltext" ein Dossier mit Texten und Selbstdarstellungen der Wettbewerbsteilnehmer kompiliert, nachzulesen auch unter volltext.net

Grafik: Volltext
Klagenfurt - Wen Zufall oder Neigung wenige Tage vor dem medialen Großereignis des kulturellen Klagenfurter Frühsommers in Kärntens Hauptstadt getragen haben, der hat die eigentlichen Tage der deutschsprachigen Literatur am Mittwoch wohl bereits hinter sich.

Sinistre Plakate empfehlen ihm die "Nacht der schlechten Texte" im benachbarten Villach, zu der Kurt Palm, Bettina Balàka und Richard Pils in die Katakomben der Villacher Brauerei laden. Eine adäquate Einstimmung für den heute stattfindenden Klagenfurter Wettbewerb, der sich als Gladiatorenkampf der Besten versteht, dessen Texte in den vergangenen Jahren allerdings ebenso müde vor sich hin plätscherten wie in der momentanen Hitze der Wörthersee.

Auch in Klagenfurt selbst hat die Literaturwoche längst begonnen: Am Sonntag wurden, in der Stille medialer Nichtbeachtung, die ihre Profession umgibt, literarische Übersetzer mit dem alljährlich verliehenen Staatspreis ausgezeichnet. Der Autor Peter Waterhouse erhielt die Ehrung für seine Übertragungen aus dem Englischen und Italienischen ins Deutsche, Vladko Muradov für seine Übersetzungen österreichischer Autoren ins Bulgarische.

Literaturkurs

Bereits zum siebten Mal wird im Vorfeld des Bachmann-Wettbewerbs der Klagenfurter Literaturkurs abgehalten. Dessen Prinzip ist ebenso einfach wie sinnvoll: Zehn junge Autoren reisen mit einem Text an, den sie zwei Tage lang in Vieraugengesprächen mit drei Tutoren - Autoren, Literaturwissenschaftern oder Kritikern, in diesem Jahr etwa Robert Schindel, Katja Lange-Müller und Eleonore Frey - besprechen, um ihn anschließend vor Publikum im Musilhaus zu vorzutragen. Aktive Arbeit am Text, statt kritische Vernichtung desselben.

Die Arbeit am Text stand denn auch im Zentrum einer weiteren literarischen Veranstaltung im Off der Kameras: Im Klagenfurter Napoleonstadel lud der Kärntner Schriftstellerverband unter dem Motto "Beigesellt Fernwesend" zu einem Symposium über das literarische Werk Josef Winklers.

In der erfrischend unakademisch besetzten Veranstaltung kamen in erster Linie Weggefährten zu Wort, die Winklers Schreiben seit Jahren tätig begleiten - darunter etwa sein Lektor im Suhrkamp-Verlag, Hans-Ulrich Müller-Schwefe, der "aus naher Ferne" von Anfang an den Sprachkaskaden des Kärntner Schriftstellers den Weg in die gerade Bahn zwischen zwei Buchdeckel ebnete.

Arbeit am Text

Am Beispiel der Arbeit am Manuskript von Domra, aus dessen ursprünglicher Fassung letztlich zwei Bücher (neben Domra auch Wenn es soweit ist) hervorgingen, erzählte Müller-Schwefe, der neben Winkler auch Einar Schleef und Rainald Goetz lektoriert, von anderen Perspektiven der Arbeit am Text.

Antonio Fian wiederum zollte dem "rücksichtslosen und risikoreichen" Schreiben des Freundes und Kollegen Winkler in einem ebenso brillant formulierten wie genau analysierenden Vortrag Respekt und mit Bernard Banoun kam Winklers französischer Übersetzer zu Wort, der von den Schwierigkeiten der Übertragung der Winklerschen "Kunst-Stoffe" in französisches Sprachkleid zu berichten wusste.

Literaturarbeiter unter sich, in der Stille des schlafenden Kameraauges, das noch immer geschlossen bleibt, wenn am Mittwochabend Gert Jonkes Rede über "Schreiben und Lesen" die 27. Tage der deutschsprachigen Literatur offiziell eröffnet. (Cornelia Niedermeier/DER STANDARD; Printausgabe, 25.06.2003)