Mit der Pflege guter Verbindungen auf Gegenseitigkeit setzte Grasser als Finanzminister nur fort, was er bei Jörg Haider gelernt und bei Frank Stronach verfeinert hat. Vielleicht ist es wirklich ein gegen Null tendierendes Schuldbewusstsein, dass ihn ständig von seiner blütenweißen Weste faseln lässt. In der neuen Ökonomie ist ein Minister auch nur jemand, von dem man sich Förderung erwarten kann, wenn man ihn fördert, und wenn es früher einmal anders war, dann war das eben der schädliche Einfluss der Politik auf das öffentliche Leben, dem nun endlich ein Ende gesetzt werden soll.
"Ich bin ein guter Unternehmer für Österreichs Interessen", feiert sich Grasser. Als Minister ist er dem Parlament politisch verantwortlich, wenn auch höchst widerwillig. Als Unternehmer keineswegs. Als solcher wohl rühmt er die Voest als "Perle" und kündigt gleichzeitig ihre Verscherbelung an - gibt es daran ein Interesse Österreichs? Für ihn ja, weil dann endlich Politiker nichts mehr mitzureden haben. Sich selber sieht er offenbar sogar dann nicht als Politiker, wenn er sich als Minister mehr oder weniger direkt doch in einen dubiosen Deal einschaltet, für dessen korrekte Abwicklung es angeblich ohnehin ein völlig unpolitisches Gremium gibt. Vielleicht weiß er selbst nicht recht, was er nun ist - er hat ja auch schon wiederholt behauptet, er wäre vom Volk gewählt.
Vielleicht könnte Schüssel, oder besser noch sein Spezialist für Gott und Verfassung, Andreas Khol, ihn einmal aufklären. Denn wenn er sich weiterhin so kläglich für seine industriell gesponserte Homepage rechtfertigt, wird aus dem Schmuckstück noch ein Mühlstein. Mit dem Verein zur Förderung der New Economy habe er nicht das geringste zu tun, behauptet er heute. Morgen hören wir womöglich, sein Sekretär habe den Verein gegen seinen Willen ins Leben gerufen, und die Babyfotos für die Homepage seien auf rätselhafte Weise aus dem Grasserschen Familienalbum verschwunden.