Wien - Die Postgewerkschaft erhebt im Zusammenhang mit der ÖIAG-Aufsichtsratssitzung vom 13. Juni schwere Vorwürfe gegen den ÖIAG-Vorstand und schließt Streiks im Herbst nicht aus. "Der gesamte ÖIAG-Aufsichtsrat wurde vom Vorstand auf das schwerste hintergangen und von Vorstandssprecher (Peter) Michaelis kaltschnäuzig belogen", erklärte heute, Mittwoch, der Vorsitzende der Post und Fernmeldebediensteten, Gerhard Fritz vor Journalisten. Als Reaktion hat die Gewerkschaft eine Unterschriftenaktion "gegen den Ausverkauf" gestartet. Möglich sei ein Volksbegehren im Herbst, auch Kampfmaßnahmen werden laut ÖGB nicht ausgeschlossen.

Causa "Minerva"

Konkreter Vorwurf der Gewerkschaft: In der Aufsichtsratssitzung vom 13. Juni habe Michaelis auf die Kritik der Belegschaftsvertreter im ÖIAG-Aufsichtsrat wegen fehlender Unterlagen zur Post AG und zur voestalpine geantwortet, dass es keiner Privatisierungskonzepte bedürfe, da bei der voestalpine heuer keine Privatisierungsschritte vorgesehen seien. Eine Woche später habe man dann aus den Medien vom Geheimkonzept "Minerva" - einem Privatisierungsmodell der voestalpine an den Magna-Konzern - gehört. Telekom-Austria-Gewerkschaftschef Erich Huhndorf: "Die Unterlagen, die wir erhalten, sind nicht einmal ein Butterbrotpapier. Das Privatisierungskonzept der Telekom besteht aus einer Seite." Der ÖGB lasse nun von einem Wirtschaftsanwalt prüfen, ob die Informationspflicht laut Aktienrecht verletzt wurde.

Unterschriften gegen "Ausverkauf"

Am Donauinselfest in Wien vergangenes Wochenende habe man bereits Unterschriften "gegen den Ausverkauf" gesammelt, nun liege es an den Gewerkschaftsmitgliedern, diese Unterschriftenaktion österreichweit zu den Bürgern zu tragen, so Fritz. Am 27. Juni und 5. Juli werde es auch bundesweite Aktionen geben. Am 10. Juli, dem Tag der nächsten ÖIAG-Hauptversammlung und Aufsichtsratssitzung, soll eine Veranstaltung vor dem ÖIAG-Sitz in Wien stattfinden, wo mit "einigen Überraschungen" zu rechnen sei, so Fritz. Der voestalpine-Verkauf sei aber ohnehin bis zur Landtagswahl in Oberösterreich am 28. September nach Gewerkschaftseinschätzung "vom Tisch", so Fritz.

Unvereinbarkeiten

Kritik übten die Gewerkschafter auch an Finanzminister Karl Heinz Grasser, der versuche, die Privatisierung "als reine ÖIAG-Angelegenheit abzutun". Die umfassende Privatisierung diene nur dazu, "das marode Budget des Finanzministers zu sanieren". "Das Budget kracht wie eine Kaisersemmel", so Huhndorf. Die Erlöse würden dem Finanzminister aber nicht viel bringen, denn "wenn 2006 alles verkauft ist, dann kommt unter dem Strich eine Milliarde Euro als Gewinn heraus", so der Telekom-Gewerkschafter.

Weiters stoßen sich die Belegschaftsvertreter an ÖIAG-Aufsichtsrat Siegfried Wolf, der gleichzeitig Spitzenmanager bei Magna, einem Konkurrenten der voestalpine, sei. Dabei sei er "vermutlich der einzige, der im Aufsichtsrat voll über die Privatisierungspläne informiert ist". (APA)