Wien - Der österreichische Nationalrat hat am Freitagnachmittag das Schwarzgeld-Steuerabkommen mit der Schweiz mit Stimmen der Regierungsparteien SPÖ und ÖVP beschlossen. Zudem wurden die Regeln für Schönheits-OPs verschärft.
Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) zeigte sich in der Debatte vor dem Beschluss des Steuergeldabkommens erfreut: "Ich sage: Lieber spät, als gar nicht erwischt." Die Opposition lehnte das Abkommen ab, aus ihrer Sicht enthält es zu viele Lücken. Das Schweizer Parlament stimmte dem Abkommen bereits Ende Mai zu. Ob es in der Schweiz auch noch eine Volksabstimmung über das Abkommen geben wird, ist aber noch offen.
Einmalige Pauschale
Auf Basis der Vereinbarung werden bisher unversteuerte Geldern von Österreichern auf Schweizer Bankkonten pauschal und einmalig mit 15 bis 38 Prozent besteuert. In der Folge fällt laufend eine 25-prozentige Abgabe auf die Zinserträge an. Steuerflüchtlinge, die ihre Abgaben zahlen wollen, haben fünf Monate - von 1. Jänner bis 31. Mai 2013 - Zeit, sich zu melden.
Fekter: "Faire Besteuerung"
Finanzministerin Fekter erklärte im Hohen Haus: "Es ist illusorisch zu glauben, dass die Schweizer ihr Bankgeheimnis aufgeben. Daher haben wir einen Weg und auch eine Lösung gesucht, wie wir trotzdem zu einer fairen Besteuerung jener Gelder kommen, die von Österreichern in der Schweiz liegen." SPÖ-Finanzsprecher Kai Jan Krainer geht davon aus, dass am Ende mehr als eine Milliarde Euro durch die Vereinbarung ins Budget fließt.
Ordnungsruf für Krainer von Graf
Krainer wehrte sich gegen den Vorwurf, das Abkommen sei gegen die Steuergerechtigkeit. Das Gegenteil sei der Fall: "Ich bin auf der Seite derer, die sagen, ja, wir wollen dass die (Steuerflüchtlinge, Anm.) auch einen Beitrag zahlen", so Krainer. Die FPÖ hingegen bezeichnete er als "Schutzpatron der Steuerhinterzieher" - woraufhin es einen Ordnungsruf vom Dritten Nationalratspräsidenten Martin Graf (FPÖ) setzte. SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Laura Rudas bezeichnete Graf in ihrem Beitrag etwas später hier als "befangen".
"Löchrig wie Schweizer Käse"
FPÖ-Finanzsprecher Elmar Podgorschek kritisierte das Abkommen als "Freibrief zur Steuerhinterziehung" und ortet "ein paar Lücken". So vermisst er darin etwa die Stiftungen. "Summa summarum: Das Gesetz dient ausschließlich der Budgetsanierung und nicht der Gerechtigkeit", stellte Podgorschek fest. Für den BZÖ-Abgeordneten Rainer Widmann ist das Abkommen "löchrig wie ein Schweizer Käse". Er wies darauf hin, dass im Abkommen Bankfächer etwa nicht erfasst werden. Der erst heute angelobte Grünen-Abgeordnete Bruno Rossmann hält die "Steuerfluchtproblematik" durch das Abkommen jedenfalls für "nicht gelöst". Aus seiner Sicht handelt es sich um einen "Schlag ins Gesicht der Steuerehrlichen".
Stabilitätspakt gegen Stimmen der Opposition beschlossen
Mit den Stimmen der Koalition hat der Nationalrat anschließend auch dem Stabilitätspakt seinen Segen gegeben. Die Vereinbarung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden sieht vor, dass bis 2016 ein gesamtstaatliches Nulldefizit erreicht werden soll. Ab 2017 schreibt der grundsätzlich unbefristet laufende Pakt die Einhaltung eines (um Konjunktureffekte bereinigten) "strukturellen" Defizits vor, gesamtstaatlich darf dieses 0,45 Prozent des BIP nicht überschreiten. Ländern und Gemeinden wird ein Defizitanteil von 0,1 Prozent zugestanden.
Gibt es in wesentlichen budgetrelevanten Bereichen - Finanzausgleich sowie Finanzierung von Gesundheitswesen und Pflege - keinen Konsens zwischen den Gebietskörperschaften, endet die Vereinbarung automatisch. Auch der Entfall wesentlicher Steuereinnahmen führt zum Aus.
Vorgesehen sind auch eine Ausgaben- und eine Schuldenbremse. Die Staatsausgaben dürfen nicht schneller wachsen als das mittelfristige Wirtschaftswachstum. Außerdem wird nicht nur die Neuverschuldung begrenzt, sondern auch festgeschrieben, dass die gesamten Staatsschulden unter die Maastricht-Vorgaben von 60 Prozent des BIP gedrückt werden müssen.
FPÖ kritisiert Eingriff in Budgetautomie
Die Opposition lehnt den Stabilitätspakt ab. Die FPÖ kritisierte den unmittelbaren Eingriff in Budgetautonomie von Ländern und Gemeinden, der von der EU vorgegeben und daher abzulehnen sei. Auch BZÖ-Mandatar Widmann kritisierte, dass nun Länder und Gemeinden "erdulden" müssten, was durch den europäischen Fiskalpakt vorgeschrieben werde. Der Grüne Bruno Rossmann beklagte unter anderem die Ausgabengrenze, die als Ergebnis haben werde, dass viele Investitionen in den Gemeinden unterbleiben würden.
Schönheits-OPs erst ab 16
Der Nationalrat hat zudem einstimmig eine Gesetzesnovelle verabschiedet, die einschlägige Schönheits-OPs bis zum vollendeten 16. Lebensjahr untersagt. Bis 18 müssen die Erziehungsberechtigten bei solchen Eingriffen die Einwilligung geben und es muss eine psychologische Beratung durchgeführt werden. Zudem dürfen die Operationen nur noch von einschlägig ausgebildeten Medizinern durchgeführt werden. Aggressive Werbung etwa mit Vorher/Nachher-Bildern und Titeln wie "Beauty Doc" wird untersagt.
Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ) zeigte sich über die einhellige Zustimmung zu der Neuregelung erfreut. Hervorgehoben wurde von ihm etwa, dass eine Wartefrist zwischen Einwilligung und Operation eingezogen wird. So bleibe genug Zeit zu überlegen, ob man einen entsprechenden Eingriff wirklich durchführen wolle.
"Ich bin schön"
Wenig Verständnis für den Wunsch nach mehr Schönheit äußerte ÖVP-Gesundheitssprecher Erwin Rasinger. Es sei Unsinn, wenn jemand mit 16 "wie der Elvis Presley aussehen will". Freilich hat Rasinger als Teenager selbst schon vorgesorgt, hätten seine Eltern doch seine Ohren anlegen lassen: "Bei mir hat es gewirkt. Ich bin schön."
Zustimmung zum "Schönheitsgesetz" kam auch von den Freiheitlichen sowie vom BZÖ. Die Grünen kritisierten, dass der "berühmte Busen zur Matura" weiter möglich sei. Denn maturiert werde mit 17 und da stehe der Weg für solch einen Eingriff schon wieder offen. Das BZÖ forderte eine begleitende Image-Kampagne gegen Schönheits-OPs.
Dass nur noch echtes Fachpersonal zum Einsatz kommen darf, gefiel allen Fraktionen. Konkret ist vorgesehen, dass Schönheitsoperationen wie Bauchstraffungen, Brustvergrößerungen, Facelift, Fettabsaugungen und Nasenkorrekturen künftig von speziell ausgebildeten Ärzten durchgeführt werden müssen, die über eine Berechtigung für "Ästhetische Chirurgie" verfügen. Fachärzte wie für Hals-, Nasen-und Ohrenkrankheiten oder für Haut- und Geschlechtskrankheiten, aber auch Allgemeinmediziner werden nur noch für die Durchführung bestimmter ästhetischer Eingriffe infrage kommen, zu denen sie aufgrund ihrer Ausbildung berechtigt sind. Die Bezeichnung "Beauty Doc" oder ähnliches wird untersagt.
Neuregelung für Assistenten
Davor war eine Neuregelung der "Medizinische Assistenzberufe" von den Abgeordneten ebenfalls einstimmig angenommen worden. Im Wesentlichen wird die Ausbildung in Modulen neu strukturiert und werden ohnehin schon seit Jahren übliche Praktiken legalisiert. So wäre bisher etwa gesetzlich vorgesehen gewesen, dass einen Gips nur ein Arzt anlegen darf, was freilich in der Praxis fast immer von einer Hilfskraft übernommen wird. Eine kleine Änderung gab es noch nach Protesten des "Verbands der Radiologietechnolog(inn)en Österreichs". Klar gestellt wurde, dass die Assistenten bei MRT und CT nur einfache Aufgaben übernehmen dürfen, und das unter Aufsicht einer Fachkraft oder eines Arztes.
Transparenzdatenbank einen Schritt weiter
Auch in Sachen Transparenzdatenbank ist die Regierung seit der Sitzung am Freitag einen Schritt weiter. Eine 15a-Vereinbarung zwischen Bund und Ländern wurde vom Nationalrat mit Koalitionsmehrheit abgesegnet. Sie sieht im Wesentlichen vor, dass der Bund noch bis Ende des Jahres seine Förderungen kategorisieren muss. Die Länder folgen dann 2013 in zwei Schritten, die Gemeinden werden zumindest vorerst ausgeklammert. (APA, 6.7.2012)