Was genau Tags zuvor in der südirakischen Kleinstadt Madschar al-Kabir passierte, war auch einen Tag später noch nicht restlos geklärt. Offenbar hatten britische Militärs versucht, Ortsbewohner zu entwaffnen. Daraufhin sollen Unruhen ausgebrochen sein. Nach einer Version zogen sich die Briten auf eine Polizeiwache zurück, wo sie beschossen wurden.
Irak
Das Ende der problemlosen Besatzung
London denkt über Konsequenzen nach – Sowohl eine Truppenverstärkung als auch eine breitere Irak-Koalition stehen auf dem Plan
Sie stehen mit luftigen Käppis
am Checkpoint, ziviler als die
behelmten Amerikaner. Sie
plaudern mit den Passanten,
spielen Fußball und bitten
zum Tee. Eine Besatzungsmacht mit menschlichem Antlitz, Gentlemen in Uniform –
so stellt es Her Majesty's Army
im Irak gerne dar. Umso tiefer
sitzt jetzt, nach dem Tod von
sechs britischen Soldaten, der
Schock. Kritiker der Regierung Tony Blairs fordern ein
schlüssiges Nachkriegskonzept. "Unsere Politiker hatten
keine Ahnung, was sie nach
dem Sieg mit dem Irak anstellen sollten", schimpfte Sir Michael Rose, der einst die UN-
Friedenstruppe in Bosnien
kommandierte, in einem Zeitungsaufsatz. Aus langer Empire-Erfahrung habe London
gelernt, dass es unmöglich sei,
einem fremden Land eine Pax
Britannica zu verordnen.
Hatten im März und April
noch 45.000 britische Soldaten gegen die Armee Saddam
Husseins gekämpft, so sind
heute rund 14.000 Mann im
Südirak stationiert. Die oberflächliche Ruhe dort, fürchten
Strategen, kann ein Trugschluss gewesen sein. Verteidigungsminister Geoff Hoon
seinerseits deutet ein Umdenken an. So sollen die Soldaten
wieder mit Helmen und kugelsicheren Westen Patrouille
laufen. Auch eine Aufstockung des Irak-Kontingents ist
denkbar. Während des Krieges
blieben 19.000 Uniformierte
im Inselreich, um an Stelle der
sporadisch streikenden Feuerwehrleute Brände zu löschen.
Da der Streik beendet sei, so
Hoon, sei eine Truppenverstärkung durchaus möglich.(DER STANDARD, Printausgabe, 26.6.2003)