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Foto: APA/EPA/AFP/IRAQI TV/-/lfb

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Mohammed Said Al-Sahhaf, Saddams letzter Informationsminister

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Noch ist die Meldungslage nicht eindeutig, eine Bestätigung aus Washington steht aus, und der US-Vertreter im Irak will von nichts wissen. Aber wenn es stimmt, was der Daily Mirror berichtet hat, ist den Amerikanern am Dienstag ein schillernder Fisch ins Netz gegangen. Mohammed Said Al-Sahhaf (alias "MSS" alias "Mo" alias "Bagdad Bob" alias "Comical Ali"), der ehemalige Informationsminister des Irak, soll in der Nacht zum Dienstag "an einer Straßensperre in Bagdad" festgenommen worden sein - nachdem er sich zuvor seit Kriegsende bei Verwandten versteckt hatte. Angeblich leistete er bei der Verhaftung keinen Widerstand. Unter den Trabanten und Satelliten der irakischen Führungscrew um Saddam Hussein hat sich Al-Sahhaf durch seine exzentrische Medienarbeit, die dem Begriff "Propaganda" ganz neues Leben eingehaucht hat, eine skurrile Sonderposition errungen. Während mitten im Irakkrieg US-Panzer für alle TV-Zuseher klar erkennbar im Hintergrund am jenseitigen Tigris-Ufer durch Bagdad rollten, behauptete Sahhaf im Vordergrund ungerührt das Gegenteil: Die Stadt werde heldenhaft verteidigt, und er habe das Gefühl, "dass wir sie alle ausmerzen werden".

Solche spektakulären Auftritte verschafften "Mo" schnell Kultstatus, ebenso wie die Perlen propagandistischer Weisheit, die er, stets gut gelaunt, in einem verschrobenen Englisch mit heftigem Akzent von sich gab ("Ich spreche besser Englisch als dieser Schurke Bush"). Mal befand er, die UNO sei ein "Platz für Prostitution unter den Füßen der Amerikaner", ein anderes Mal prophezeite er, dass das irakische Heer die amerikanische Army "wie eine Schlange" in die Länge ziehen und zerhacken werde. Eine von "blutrünstigen Falken und un- nützen Tauben" betriebene Website (www.welovetheiraqi informationminister.com), die Al-Sahhafs schönste Zitate dokumentiert, erfreute sich enormen Zuspruchs. Selbst US-Präsident Bush outete sich in einem NBC-Interview als bedingungsloser Fan des überdrehten irakischen Desinformationskaisers: Für ein Briefing von "Comical Ali", so Bush, habe er während des Irakkriegs jede noch so wichtige Sitzung unterbrochen.

Vor seinem letzten Job hatte der 62-jährige Anglist Al-Sahhaf schon als Botschafter und Außenminister für Saddam gearbeitet. Dennoch dürfte er nicht zu den wirklichen Entscheidungsträgern des Regimes gehört haben: Darauf deutet etwa der Umstand hin, dass ihn die Amerikaner nicht auf ihre "Most Wanted"-Liste gesetzt haben. Aber wer weiß: Vielleicht handelt es sich auch dabei nur um einen Propagandatrick der amerikanischen und britischen "Hunde". Darauf wäre dann wohl nur noch eine saftige Originalverwünschung von "Mo" die passende Antwort: "Mögen ihre Mägen in der Hölle schmoren!" (DER STANDARD, Printausgabe, 26.6.2003)