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Seit über vier Jahrzehnten wird der Amazonas-Regenwald abgeholzt. Das große Artensterben steht aber noch bevor.
Rund 1,75 Millionen Arten von Organismen unseres Planeten sind bis jetzt beschrieben. Nach jüngsten Schätzungen dürfte es freilich knapp zehn Millionen geben. Die meisten davon sind unentdeckt, und viele davon wird man wohl auch nie mehr entdecken, da sie bereits ausgerottet sind - oder es demnächst sein werden.
Einer der Hotspots der Biodiversität ist der Regenwald im brasilianischen Amazonasbecken. Und dort dürften durch die Abholzung sechs Prozent der heimischen Vogel-, Amphibien- und Säugetierarten ausgestorben sein, schreiben Oliver Wearn vom Imperial College London in der Wissenschaftszeitschrift Science.
Die dramatische Botschaft der Studie liegt aber in der vom mathematischen Modell prognostizierten Entwicklung, die mit einigen Verzögerungen umso drastischer ausfällt. Mit dem großen Abholzen wurde erst vor vier Jahrzehnten begonnen, und 2008 waren erst rund ein Prozent der Wirbeltierarten verschwunden, haben die Forscher errechnet.
Angehäufte "Aussterbeschulden"
Grund für das verzögerte Artensterben seien die sogenannte "Aussterbeschulden". Wenn der Lebensraum einer Tierart zerstört werde, dauere es einige Generationen, bis die Art vollständig verschwinde. Der Regenwald beginne gerade erst, seine "Schulden" anzuhäufen: 80 Prozent der Auslöschungen von Tierarten aufgrund des bisherigen Regenwaldverlusts stehen erst noch bevor.
Wearn und seine Kollegen erstellten zudem vier Szenarien, wie es im Jahr 2050 um den Artenschwund und die Aussterbeschuld stehen könnte. Die Szenarien waren abhängig von der künftigen Entwaldung und wurden jeweils für Areale von 50 mal 50 Kilometer Größe durchgerechnet. Wenn der Regenwald wie bisher zerstört wird und 28.000 Quadratkilometer pro Jahr verloren gehen (das schlimmste Szenario), wären weitere 26,9 Prozent der Wirbeltierarten gefährdet.
Die Forscher haben aber auch eine gute Botschaft: "Die vor uns liegenden Jahre bieten die Gelegenheit, Schutzmaßnahmen auf Gegenden mit den größten Aussterbeschulden zu konzentrieren. Das könnte die zu zahlende Schulden verringern." (tasch, APA, DER STANDARD, 13.7.2012)