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Viele Unternehmerinnen müssen ihr Gewerbe nach der Entbindung ruhend stellen, zu hoch sind die Sozialversicherungsbeiträge.
Wien - Den Sprung in die Selbstständigkeit hat Manuela Grabher-Gappmayer nie bereut. Sie arbeite viel und gern, am liebsten auf eigene Verantwortung. Die Gründung einer GmbH sieht sie dennoch als Fehler, denn sie fiel in die Zeit der Geburt ihrer Kinder. Sie habe die Probleme, beides mit vollem Einsatz zu schupfen, unterschätzt, erzählt die Marketingexpertin.
Vor allem aber taten sich finanzielle Abgründe in Gestalt der Sozialversicherung auf. In diese gehört nämlich auch im Zuge der Karenz eingezahlt. Einer Zeit, in der kinderbedingt im Job leiser getreten wird und die Einnahmen sinken. "Das Karenzgeld wird damit zum Durchlaufposten, es fließt direkt in die Sozialversicherung."
Wäre sie angestellt, hätte der Familienlastenausgleichsfonds diese Beiträge übernommen. "Es gibt hier eine gewaltige Schlechterstellung selbstständiger Frauen. Eine Ungleichbehandlung, die in keinster Weise gerechtfertigt ist."
Klar könne sie ihre kleine Firma während der Karenz etwa für ein Jahr stilllegen und sich arbeitslos melden, sagt Marina Maier. Nach vier Jahren der Anstellung machte sie sich als Unternehmensberaterin selbstständig und ist seit kurzem Mutter. "Aber es kann doch nicht Sinn der Sache sein, zurück in die Unselbstständigkeit gedrängt zu werden." Sie habe sich einen ersten Kundenstock aufgebaut, den sie nicht verlieren wolle. Daher arbeite sie weiter, wenn auch in geringerem Umfang.
Zu den fortlaufenden Sozialversicherungskosten kommen für Solistinnen Selbstbehalte bei Arztbesuchen und ein deutlich niedrigeres Wochengeld. " Natürlich ärgere ich mich darüber", sagt Grabher-Gappmayer, "als Ein-Frau-Betrieb hat man aber nicht die Energie und Nerven, auch noch gegen diese Windmühlen zu kämpfen".
"Ein Trauerspiel"
Gabriele König - ihre drei Kinder sind erwachsen, sie engagiert sich in der Gesundheitsbranche - führt die Business-Mamas an, ein Netzwerk berufstätiger Frauen. Es sei ein Trauerspiel, in das viele Schwangere gerieten, sagt sie. Das Modell der österreichischen Sozialversicherung eigne sich für große Betriebe, passe aber nicht in die Welt der Ein-Personen-Unternehmerinnen. Viele legten ihr Gewerbe ruhend, um nicht Beiträge bezahlen zu müssen, die sie sich während der Karenz nicht leisten können. Der Neustart sei entsprechend schwierig.
Eine Rechnung der SVA offenbart die tiefe finanzielle Kluft beim Wochengeld zwischen Unselbstständigen und Selbstständigen: Bei ei- nem gleichen monatlichen Einkommen von 3000 Euro fehlt für die Unternehmerin nicht nur finanzielle Unterstützung, sie muss in den vier Monaten rund um die Entbindung vielmehr zusätzlich 187 Euro für die Sozialversicherung berappen. Die Arbeitnehmerin erhält in der gleichen Zeit 11.300 Euro. Unterm Strich steht selbstständigen Müttern Wochengeld von 26,26 Euro am Tag zu - unabhängig davon, wie viel sie zuvor verdienten. Bei Angestellten basiert dieses auf den Nettobezügen der vergangenen drei Monate.
Das Modell der Betriebshilfe, mit der sich die Wirtschaftskammer "brüste" , geht für König an der Realität vorbei: Therapeutinnen, Künstlerinnen oder Beraterinnen ließen sich nicht so ohne weiteres ersetzen.
Die Grünen haben einen Antrag zur Anhebung des Wochengelds im Parlament eingebracht. Auch Elisabeth Zehetner von der Jungen Wirtschaft der Kammer, bezeichnet viele der Ungleichbehandlungen als Witz. "Wir brauchen Gesetzesänderungen." Das Bild der reichen Unternehmerin, die in ih- rer Villa sitze und Steuern hinterziehe, das sei längst passé.
43 Prozent aller Ein-Personen- Unternehmen werden von Frauen geführt. Auf sie entfallen 55 Prozent der Gründungen. Ihr mittleres Einkommen liegt klar unter jenem der Männer: Bei knapp 8000 Euro, Teilzeit inkludiert, rein aus selbstständiger Arbeit, zeigen Da- ten des Rechnungshofes und der Statistik Austria. 12.700 Euro sind es bei Männern. Die Gründe dafür sind vielfältig: Scheu vor harten Verhandlungen etwa, in denen die Frauen mitunter auf Honorar verzichten. Oder Jobs in Branchen abseits lukrativer Business-to-Business-Märkte. Bei vielen persönlichen Dienstleistungen sind die Stundensätze stark begrenzt. (Verena Kainrath, DER STANDARD; 13.7.2012)