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Distanz des Protokolls oder privater Probleme wegen? Trierweiler (li.) und Hollande. 

Foto: dapd/Tessier

Die Krise macht Frankreich schwer zu schaffen. Die Arbeitslosigkeit steigt, die Exportquote sinkt, die Staatsschuld explodiert. Und Peugeot kündigte zuletzt an, 8000 Stellen zu streichen. Entsprechend ernst gab sich François Hollande am Samstag bei seinem ersten Interview als Staatspräsident zum Nationalfeiertag, nachdem er die traditionelle Truppenparade auf den Champs-Élysées abgenommen hatte. Der Staat werde den Sanierungsplan von PSA Peugeot Citroën genau unter die Lupe nehmen. Außerdem wolle Hollande die Politik "moralisieren"; zu diesem Zweck werde er eine eigene Kommission einsetzen. Und auch zu Syrien, Mali und sogar zur Fußball-Europameisterschaft fand der Präsident angemessene Worte.

Alles schön und gut. Aber die Franzosen wollten etwas ganz anderes wissen: Seit einem Monat war Valérie Trierweiler, die First Lady, kaum noch an seiner Seite zu sehen. Ende Juni hatte sie einmal mit ihrem Lebensgefährten und der burmesischen Oppositionspolitikerin Aung San Suu Kyi diniert, einmal waren sie zusammen bei einer Theaterveranstaltung erschienen. Das war's auch fast schon. Bei Hollandes Zusammentreffen mit dem britischen Premierminister David Cameron war die Première Dame aber nicht präsent, und auch nicht bei anderen internationalen Anlässen.

War das eine Isolation von Trierweiler? Die Strafe für jenen bereits legendären Twitter-Kommentar, mit dem sie der SP -Chefin Ségolène Royal - ihrer "Vorgän gerin" als Lebensgefährtin Hol landes - im Wahlkampf in den Rücken gefallen war?

Pariser Medien wollen freilich bereits wissen, dass es zwischen Hollande und Royal zuletzt zu einer "Erwärmung" gekommen sei (sie haben zusammen vier Kinder, die Beziehung ging 2007 zu Ende). Royal soll die First Lady offenbar längst "Rottweiler" nennen.

"Le Tweet"

Beim Militärdefilee stellten Millionen von TV-Zuschauern fest, dass Trierweiler zwar auf der Ehrentribüne, aber einige Schritte von ihrem Partner entfernt in einer Reihe mit anonymen Gästen saß. Was hieß das nun? Private oder protokollarische Distanz?

Die Antwort wollte man von Hollande in dessen Interview. Erst nach einer halben Stunde fasste sich eine Journalistin ein Herz und stellte die Frage nach "dem Tweet". Hollande zuckte, offenbar vorbereitet, nicht mit der Wimper. Er zog sich gut aus der Affäre und antwortete kurz, um dem Ganzen nicht zu viel Bedeutung einzuräumen, aber auch klar, um Erwartungsdruck wegzunehmen: Er habe seinen "Nächsten" zu verstehen gegeben, dass "private Affären im Privaten geregelt werden" - und zwar "peinlich genau", betonte Hollande.

Zur offiziellen Rolle seiner als Journalistin tätigen Gefährtin meinte er, sie bleibe "an meiner Seite, wenn es das Protokoll verlangt". Das Statut der First Lady genauer zu definieren sei nicht nötig, befand Hollande. "Valérie will ihren Beruf beibehalten, ich verstehe das." Ein paar Stunden später scherzte die Première Dame bei einem offiziellen Ausflug mit Hollande, sie werde es sich künftig siebenmal überlegen, bevor sie wieder auf Twitter etwas schreibe.

Die Fernsehnation atmet auf: Der Präsident geht doch nicht auf Distanz zu seiner Gefährtin, sondern nennt sie sogar vertraulich beim Vornamen. Das kann nur heißen, dass "Le Tweet" keinen Keil zwischen sie getrieben hat. Da im Élysée alles heil ist, können die Franzosen beruhigt in die Ferien verreisen. Die Wirtschaftskrise ist Nebensache. (Stefan Brändle aus Paris /DER STANDARD, 16.7.2012)