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Experten des FBI sollen Licht in den Fall Kampusch bringen.

Foto: AP Photo/ Louis Lanzano

Seit vergangenem Freitag rollt ein international gestütztes Ermittlungsteam den Fall Kampusch neu auf. Das Komitee mit Vertretern der US-Justizbehörde Federal Bureau of Investigation (FBI) und des deutschen Bundeskriminalamtes (BKA) sollen "diesen Akt noch einmal mit der Methode des Cold-Case-Managements analysieren", erklärt Karl-Heinz Grundböck, Sprecher von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP). Er gab derStandard.at Auskunft über Zusammensetzung und Hintergrund der Evaluierungsgruppe.

Die operative Arbeit wird von 14 Ermittlern erledigt, sie berichten einem sieben Personen starken Lenkungsausschuss ("Steering Committee"). Namen und hauptamtliche Funktionen der Teammitglieder könne Grundböck bis auf eine Ausnahme nicht nennen: Jörg Ziercke, der Präsident des Bundeskriminalamtes in Wiesbaden, sitzt im Lenkungsausschuss. Ihm zur Seite steht ein hochrangiger Beamter des FBI, darüber hinaus werden jeweils ein weiterer Vertreter von BKA und FBI im Feld ermitteln. 

BKA-Chef nicht in Frage gestellt

Dass Ziercke, der jüngst wegen Aufklärungspannen im Fall der NSU-Morde in die Kritik geraten war, kurz vor seiner Pensionierung noch nach Wien strafversetzt wurde, will man im Innenministerium nicht gelten lassen: "Im Gegenteil, die Expertise von Präsident Ziercke steht völlig außer Frage."

Auch Berichte, wonach das deutsche BKA am Freitag noch gar nichts von der Bitte um Unterstützung aus Österreich wusste, weist der Sprecher der Ministerin zurück. Direkte Gespräche mit Ziercke habe es vergangene Woche sehr wohl gegeben. Darin wurde festgelegt, dass der BKA-Präsident punktuell nach Wien kommen werde, um mögliche neue Ermittlungsergebnisse zu prüfen. Für eine persönliche Stellungnahme gegenüber Medien sei Ziercke derzeit nicht verfügbar.

"Zentrale Dokumente übersetzt"

Über etwaige Verständigungsprobleme für die US-amerikanischen Beamten macht sich Grundböck keine Sorgen: "Es gibt in dieser Angelegenheit Übersetzungen der zentralen Dokumente." Im Übrigen könne man durch die Einbindung der FBI-Ermittler von deren etablierten Arbeits- und Projektstrukturen bei bereits zu den Akten gelegten Fällen profitieren.

Die verbleibenden österreichischen Ermittler rekrutieren sich laut Grundböck zum Teil aus dem Justizministerium, dem Verfassungsschutz und der Staatsanwaltschaft, hinzu kommen Beamte aus "verschiedenen Bereichen" des Innenministeriums. Alle hätten die nötige Kompetenz, "waren aber noch nicht mit dem speziellen Fall befasst und können somit unbefangen an ihn herangehen". 

Das zeitliche Ziel des Vorhabens gibt Grundböck mit Ende 2012 an. Sollte es bis dahin wesentliche neue Erkenntnisse geben, "die kommuniziert werden sollen und können, dann werden wir das auch tun". Die Gesamtevaluierung des Falles sei als Projektauftrag der Ministerinnen für Inneres und Justiz zu verstehen, abgeleitet aus der Formulierung des zuständigen parlamentarischen Ausschusses. (Michael Matzenberger, derStandard.at, 17.7.2012)