Pläne für ein Wellness- Resort im Boden sorgen für Diskussionen.

Foto: Refugia Obernberger See

Innsbruck - In Tirol zu bauen sei an sich schon eine Herausforderung, immerhin sind nur 13 Prozent der Landesfläche Siedlungsraum. Es gebe ja auch kaum ebene Flächen, hauptsächlich Berge. "Das Bauland muss der Natur im wahrsten Sinne des Wortes abgetrotzt werden", sagt der Vorsitzende der Architektenkammer Tirol und Vorarlberg, Hanno Vogl-Fernheim. Bautechnisch ebenfalls zu berücksichtigen seien die Naturgefahren. Die Landschaft ist in Gefahrenzonen eingeteilt, je näher und höher am Berg, desto gefährlicher, desto strenger die Bauauflagen.

Für Vogl-Fernheim sind es gerade die topografischen Besonderheiten, von " lieblich bis karg und abweisende Landschaft", die Tirol so einzigartig machen. Und es gebe grundsätzlich gar kein architektonisch gutes Bauen ohne Rücksicht auf die Natur.

Als besonders gelungen gilt das Hotel Windegg in Steinberg am Rofan von Hans Peter Petri. Ursprünglich ein Haus im sogenannten "Tiroler Stil", beschloss Ende der 80er-Jahre die Hoteliersfamilie, den Erweiterungsbau in zeitgemäßer Architektur errichten zu lassen.

Innsbruck als "Hotspot"

Auch die Landeshauptstadt wurde durch die Offenheit der Stadtführung ein " Hotspot" für moderne Architektur. So wurden die Sprungschanze und die Hungerburgbahn von Zaha Hadid umgesetzt, das Innsbrucker Rathaus von Dominique Perrault und das Kaufhaus Tyrol von David Chipperfield. Die heimische Architektenszene brauche sich aber nicht verstecken, sagt Vogl-Fernheim. So habe etwa die Firma M-Preis der Familie Mölk enorm viel für die Akzeptanz zeitgenössischen Bauens in ländlichen Gebieten getan: "Und heimische Architekten wurde die Möglichkeit gegeben, zu zeigen, was sie können."

Neben internationaler und einheimischer preisgekrönter Architektur gibt es aber auch den sogenannten "Tiroler Stil". Den es eigentlich für Vogl-Fernheim gar nicht gibt. Es gebe nämlich gar keine realen Vorbilder für die seit "seit den fünfziger Jahren immer mehr für touristische Zwecke aufgebrezelten Klischeebauten im Lederhosenstil". Denn die Bauernhäuser, die sich unter überladenen Balkonen biegen, mit Schindeldach bis in Stube und wuchtig-gedrechselten Säulen mit Betonüberbau am Eingang gebe es überhaupt nicht. Die bäuerliche Bautradition zeichne sich vielmehr durch ihre funktionale Schlichtheit aus, durch Materialien, die vor Ort zu finden sind und sei nicht " bombastisch in Szene gesetzt", wie so mancher teure Bau im "Tiroler Stil".

Fehlplanung Wellness-Resort

Auch die Bettenburgen, die aus ehemals armen Bergdörfern reiche Tourismusorte machen, wirken oft. Zur Identifikation würden aber ohnehin nur Bauwerke beitragen, die ein harmonisches und ruhiges Gesamtbild im Einklang mit dem Ort abgeben, sagt Vorgl-Fernheim. Und dieser Einklang sei auch nicht abhängig vom Baustil.

Als krasses Beispiel von Fehlplanung gilt unter Architekten das Wellness-Resort Refugia am Obernberger See. Die Eigentümer wollen das alte Berggasthaus in einen Wellness-Tempel in Form von unterirdischen Tanks umbauen. Namhafte Architekten machten im Internet mobil, 9000 Unterschriften gegen das Projekt wurden bereits gesammelt. Mittlerweile sei aber auch die Politik aufgewacht, sagt Kammervorsitzender Vogl-Fernheim: Ein Beirat für Baukultur müsse installiert werden: als Muss, nicht als Kann. (Verena Langegger, DER STANDARD, 20.7.2012)