Bild nicht mehr verfügbar.

Israelische Soldaten patrouillieren an der Demarkationslinie zwischen dem Jüdischen Staat und Syrien.

Foto: EPA/ATEF SAFADI

Bild nicht mehr verfügbar.

Immer mehr Syrer fliehen vor der Gewalt in ihrer Heimat.

Foto: REUTERS/Afif Diab

Beirut/Damaskus/Hacipasa - Die syrische Militärführung hat nach den Worten eines ranghohen Überläufers Chemiewaffen aus den Lagern geholt, um sie für den Einsatz vorzubereiten. "Sie haben sie aus dem Lagern geholt und an andere Standorte verlegt", sagte General Mustafa Sheikh, am Samstag der Nachrichtenagentur Reuters. Sheikh ist bereits im Jänner desertiert ist und befindet sich derzeit in der Türkei. "Sie wollen das Land in Brand setzen. Das Regime kann nicht stürzen, ohne ein Blutbad anzurichten", fügte der General hinzu. Seine Angaben können nicht von unabhängiger Seite überprüft werden. Die syrische Regierung bestreitet die Verlegung der C-Waffen.

Die syrische Muslimbruderschaft erklärte derweil den Friedensplan von UN-Sondervermittler Kofi Annan für gescheitert. Der Annan-Plan habe das Sterben von Zivilisten nicht verhindern können und dem Assad-Regime nur Zeit verschafft, sagte Gaysa Ulabi, einer der führenden Köpfe, am Samstag der türkischen Nachrichtenagentur Anadolu Ajansi in Istanbul. Die islamistische syrische Exil-Organisation hatte sich dort zu einer dreitägigen Konferenz getroffen.

Israel droht mit Militärintervention

Der israelische Verteidigungsminister Ehud Barak drohte mit einer Militärintervention in Syrien, sollte das taumelnde Regime von Staatschef Baschar al-Assad Chemiewaffen oder Raketen an die radikal-islamische Hisbollah aus dem Libanon weiterreichen. Barak sagte am Freitag dem TV-Sender "Channel 10", er habe das Militär angewiesen, sich auf eine solche Entwicklung vorzubereiten. Die Hisbollah hat in der Vergangenheit militärische und finanzielle Unterstützung aus Syrien und dem Iran erhalten. Während der israelischen Offensive im Südlibanon 2006 hatte sie tausende Raketen auf Israel gefeuert.

Syrische Regierungstruppen haben nach Angaben der Opposition Samstag Früh die Vorstadt Shaba bei Damaskus überrannt. Dem Angriff sei schwerer Artilleriebeschuss vorausgegangen, bei dem mindestens ein Zivilist getötet und Dutzende weitere verletzt worden seien, berichteten syrische Exil-Aktivisten. Das Militär soll bei seinem Vorgehen auch von regimetreuen Milizen unterstützt worden sein. Die Oppositionellen befürchteten nach der Einnahme des Ortes willkürliche Erschießungen. Shaba ist wie etliche andere Siedlungen im Umland der syrischen Hauptstadt eine Protesthochburg.

Immer mehr Flüchtlinge

Die eskalierende Lage in Syrien treibt immer mehr Menschen in die Flucht. Innerhalb von nur 48 Stunden hätten mehr als 30.000 Syrer die Grenze zum westlichen Nachbarland Libanon überquert, sagte eine Sprecherin des UNO-Flüchtlingshochkommissariats UNHCR am Freitag in Genf. Wie die libanesische Zeitung "Daily Star" berichtete, stauten sich die Autos am syrisch-libanesischen Grenzübergang Masnaa auf fast einem Kilometer in Viererreihen. Der Kontrollpunkt ist etwa 50 Kilometer von Damaskus entfernt. Aktivisten gingen inzwischen von rund 60.000 syrischen Flüchtlingen im Libanon aus, heißt es in dem Bericht. In der Türkei sind derzeit mehr als 43.000 Syrer als Flüchtlinge registriert.

Der Ansturm habe mit dem Bombenanschlag auf den Führungszirkel des Regimes von Bashar al-Assad begonnen, bei dem am Mittwoch vier enge Vertraute des Präsidenten getötet worden waren. Unterdessen wurde die UNO-Beobachtermission in dem Bürgerkriegsland vom Weltsicherheitsrat ein letztes Mal für 30 Tage verlängert. Israel drohte indes mit einem militärischen Eingreifen, sollten syrische Waffen in den Libanon gelangen.

Neue Resolution zu Beobachtern

Dem einstimmig beschlossenen Resolutionsentwurf Großbritanniens zufolge darf das Mandat der Truppe künftig nur noch dann verlängert werden, wenn UNO-Generalsekretär und Sicherheitsrat ausdrücklich feststellen, dass keine schweren Waffen mehr zum Einsatz kommen. Nach Angaben der UNO setzt das Regime derzeit Kampfpanzer, Artillerie und Kampfhubschrauber in Wohngebieten ein. Russlands UNO-Botschafter Witali Tschurkin lobte die neue Resolution als "ausgewogen". Tags zuvor hatten die Veto-Mächte Russland und China eine Resolution im Rat scheitern lassen, die einen Umbau der militärischen Beobachtertruppe zu einer zivileren Mission vorsah und erstmals auch die Drohung mit Wirtschaftssanktionen enthielt.

Unterdessen verliert die syrische Staatsmacht offensichtlich immer mehr die Kontrolle. Selbst im Zentrum der Hauptstadt Damaskus lieferten sich bewaffnete Oppositionsanhänger am Freitag Gefechte mit Einheiten des Regimes. Auf den Golan-Höhen an der Grenze zu Israel, wo auch 376 österreichische UNO-Soldaten den Waffenstillstand überwachen, war die Lage indes "angespannt, aber ruhig", wie General Christian Segur-Cabanac vom Bundesheer berichtete. (red/derStandard.at, APA, 21.7.2012)