Im Rahmen der Inszenierung der schwarz-blauen Bundesregierung spielt der Sommer eine spezielle Rolle. Im Drang nach tief greifenden, spät-neokonservativen Veränderungen in Österreich mithilfe entsprechender Gesetze führt die Ende Juni herandräuende Sommerpause alljährlich zu hektischer Betriebsamkeit - frei nach Andreas Khols Slogan "Speed kills".

Vergangenes Jahr - man erinnere sich - entstand Ende Juni in Sachen Sexualstrafrecht gröbere Hektik: In Gefolge der (nicht ganz unerwartet gekommenen) Aufhebung des jahrelang schwer kritisierten eigenen Mindestalters für Schwule (Paragraf 209 StGB) Ende Juni 2002 durch den Verfassungsgerichtshof rief die ÖVP knapp vor Urlaubsstart laut nach Paragrafenersatz. Allen Warnungen von Experten zum Trotz, dass zu viel Eile auch zu viel Pfusch führen könne, wurde binnen drei Wochen der Ersatzparagraf 207b aus dem Boden gestampft und durch den Nationalrat gejagt. Heute, ein Jahr später, lässt sich sagen: Nach dem neuen, geschlechtsneutral formulierten Strafgesetz wurden bisher ausschließlich Männer angezeigt und verurteilt. Männer, die auch nach Paragraf 209 StGB vor dem Richter gestanden wären: eine zumindest fragwürdige Bilanz.

Nicht minder lautstark erklang heuer der Ruf des Innenministers Ernst Strasser nach Verabschiedung des neuen Asylgesetzes. Rasch, rasch, noch vor dem zu erwartenden heißen Sommer sollte dies geschehen. Experteneinwände, dass eine Reihe der vorgeschlagenen Regelungen vor den Verfassungshütern nicht halten könnten, wurden in den Wind geschlagen.

Ein "speediges" Vorgehen, das von SPÖ und Grünen via Parlamentsgeschäftsordnung unterbrochen wurde. Auch wenn Minister Strasser jetzt "Skandal!" schreit: Diese Verlangsamung könnte sich mittelfristig als Segen herausstellen. (DER STANDARD, Printausgabe, 27.6.2003)