Bei internationalen Sportveranstaltungen sträuben sich AthletInnen etwa aus dem Iran und Syrien davor, in einem sportlichen Wettstreit gegen Israelis anzutreten. Eine derartige Politisierung ist jedoch nicht auf den Spitzensport beschränkt. In England wurden zuletzt Stimmen laut, die einen Boykott israelischer Universitäten verlangten - eine törichte Forderung, wenn man bedenkt, dass es gerade dort viele Menschen gibt, welche dieselbe politische Einstellung vertreten wie jene, die zum Boykott aufgerufen haben.

All dies ist umso bedauerlicher, als es in einer freien, demokratischen und globalen Welt, zu der Israel und Europa zweifellos gehören, üblich ist, zwischen politischem Tagesgeschäft einerseits und Sport, Kultur oder Wirtschaft andererseits zu unterscheiden und die jeweiligen Sphären bestmöglich voneinander getrennt zu halten.

Gerade in der EU und besonders im Europäischen Parlament verfolgen jedoch einige Abgeordnete verschiedener Ländern eine Blockadepolitik, obwohl sich alle einig sind, dass diese falsch und schädlich ist. Konkret versuchen sie, die Ratifizierung eines Abkommens mit Israel zur Konformitätsbewertung und Anerkennung gewerblicher Produkte (ACAA) zu verhindern. Das Abkommen selbst wurde bereits im Mai 2010 unterzeichnet, wobei ein Zusatzprotokoll das Ziel verfolgt, den Handel pharmazeutischer Erzeugnisse zwischen Israel und der EU zu erleichtern. Als Grund für die Verweigerung geben die Abgeordneten ihre Kritik an Israels Politik im Nahen Osten an.

Israel ist zwar in geografischer Hinsicht ein kleines Land, aber es ist eine Weltmacht, wenn es um wissenschaftliche Forschung, medizinischen Fortschritt und die Herstellung bahnbrechender Medikamente geht. Israel ist bereits ein bedeutender Partner vieler EU-Mitgliedsstaaten im pharmazeutischen Bereich - so belief sich der Medikamentenhandel in beiden Richtungen zwischen 2008 und 2010 auf satte 1,21 Milliarden Euro.

In gleicher Weise, wie unterschiedliche ideologische Auffassungen, die Grund für Auseinandersetzungen zwischen einzelnen Politikern, Parteien und Regierungen innerhalb und zwischen Staaten sind, keine Auswirkungen auf Sport und Kulturaustausch haben sollten, dürfen auch gesundheitliche und wirtschaftliche Vorteile nicht durch politisches Taktieren zunichtegemacht werden.

Entlastung der Kassen

Weshalb die Ratifizierung eines Abkommens, das einen besseren und schnelleren Güterverkehr von Medikamenten (sowohl Generika als auch Markenmedikamente) von Israel in die EU ermöglichen würde, verhindert werden soll, ist den Bürgern in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit wohl schwer zu erklären. Denn Preissenkungen bei Medikamenten infolge des Abkommens würden eine erhebliche finanzielle Entlastung um mehrere Millionen Euro für die Gesundheitssysteme, die Krankenkassen und nicht zuletzt die Konsumenten bedeuten.

Angesichts der herrschenden Wirtschaftskrise und der vielen Versuche, die Gesundheitsversorgung (in Österreich und in vielen anderen Ländern) zu reformieren, und angesichts des höheren Medikamentenbedarfs aufgrund der steigenden Lebenserwartung der Bürger schadet die Verhinderung des Abkommens durch die Abgeordneten des Europäischen Parlaments den gemeinsamen europäischen Interessen sowie den Bedürfnissen jener, die sie im Parlament repräsentieren. (Aviv Shir-On, DER STANDARD, 23.7.2012)