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Der russische Bassbariton Jewgeni Nikitin.

Foto: EPA/CLAUDIA LEVETZOW

Der größte russische Bass aller Zeiten, Fjodor Schaljapin (1873-1938), hätte nach eigener Bekundung den Mephisto auf der Opernbühne am liebsten nackt gesungen. Der Zeitgeist ließ das natürlich nicht zu, aber ein Problem hätte Schaljapin nicht gehabt: Er war, nach allem, was man weiß, nicht tätowiert und schon gar nicht mit Hakenkreuzen und ähnlichem Zeug.

Der russische Bassbariton Jewgeni Nikitin, der jetzt die Titelrolle im Fliegenden Holländer in Bayreuth wegen seiner Tatoos aufgeben musste, ist ein anschauliches Beispiel dafür, dass einem Tätowierungen, die man in der Jugend machen lässt, später einmal im Berufsleben noch bitter leidtun können. Nikitin hat zwar das Hakenkreuz übersticheln lassen, auf seinem bis in die Fingerspitzen von Tattoos bedeckten Oberkörper waren aber noch genug stilisierte SS-Runen zu sehen, um seinen Rausschmiss im NS-sensiblen Bayreuth herbeizuführen (ein paar Tage vor der Premiere).

Nikitin war früher Mitglied einer Heavy-Metal-Band, ein Subkultur-Rebell. NS-Tattoos müssen in diesem Kontext nicht unbedingt eine Nazi-Gesinnung beweisen - wohl auch bei Nikitin nicht -, aber auch in Russland gibt es eine echte Neonazi-Szene und ultrarechte Bands. Bayreuth konnte da nichts riskieren.

Nikitin hat gesagt, jeder mache doch in seiner Jugend "gute, verrückte Dinge". Mag sein, aber manche bleiben eben für immer sichtbar. (Hans Rauscher, DER STANDARD, 24.7.2012)