Segeln ohne Mensch an Bord: Sensoren und Computer steuern, Solarzellen liefern Energie.

Foto: Innoc

Aus dem angepeilten Weltrekord wurde zwar nichts. Die österreichische ASV Roboat scheiterte vergangene Woche an den unwirtlichen Bedingungen in der Ostsee und musste nach 27 Stunden und 71 Seemeilen (131 Kilometer) die Segel streichen. Weil die Mechanik des Segelantriebs infolge starker Böen versagte, musste die für 150 Seemeilen geplante Fahrt abgebrochen werden. Womit der Rekord für den längsten vollautonomen Turn eines Robotersegelbootes vorerst bei der französischen BS3 bleibt, die im März knapp 80 Seemeilen zurücklegte.

Für den Meeresbiologen Holger Klinck war die Mission dennoch ein "großer Erfolg". Den Forscher von der Oregon State University (USA) interessierte vor allem, ob sich das Roboat als wissenschaftliche Plattform eignen würde. Sein Projekt: die Aufzeichnung von Schweinswal-Tönen auf hoher See. Die relativ kleinen Wale, die nicht größer als zwei Meter werden, sind in der Ostsee vom Aussterben bedroht und nur schwer aufzuspüren.

"Es war die allererste Forschungsmission eines unbemannten autonomen Segelboots, und die hat sehr gut geklappt", sagt Klinck. "Wir konnten mit einem am Boot angebrachten Unterwassermikrofon bereits die akustischen Signale von mehreren Schweinswalen identifizieren."

Im Gegensatz zu autonomen Systemen auf Unterwasserplattformen sei der Radius der Mikros nicht beschränkt, außerdem können die Daten in Echtzeit übertragen werden, erläutert Klinck die Vorteile des selbstständigen Segelbootes. Bemannte Boote seien zudem weitaus kostspieliger und können kaum über lange Zeit große Flächen durchkämmen; Motoren verschrecken außerdem die überaus scheuen Meeressäuger.

Bestandsschätzung aus Klicklauten

Die Schweinswale, deren Bestand in der Ostsee auf mehrere 100 bis wenige 1000 Exemplare geschätzt wird, senden kontinuierlich für den Menschen nicht hörbare Klicklaute aus - um zu kommunizieren, zu navigieren und ähnlich einem Echolot Beute ausfindig zu machen. Mithilfe der nun erstellten Aufnahmen will Klinck Rückschlüsse auf die Anzahl, Paarungsplätze und Wanderbewegungen der Schweinswale schließen, um sie besser schützen zu können.

"Das Herzstück des Bootes, also die Software, die das Boot steuert, hat den grenzwertigen Bedingungen standgehalten", zeigt sich Roland Stelzer zufrieden. "Die halbe Crew des Begleitboots war seekrank." Der Leiter der österreichischen Gesellschaft für innovative Computerwissenschaften (Innoc) und sein Team arbeiten seit einigen Jahren daran, die Algorithmen, die das Verhalten eines Seglers nachahmen, zu optimieren. Mit einem robusteren Roboat soll nächstes Jahr ein neuerlicher Rekordversuch gestartet werden.

Vorerst sind die Forscher auf der Suche nach neuen Unterstützern und Partnern. In den vergangenen zwei Jahren wurde das Projekt durch das Programm Sparkling Science des Wissenschaftsministeriums gefördert - wodurch Schüler am Roboat mitbasteln konnten. (kri, DER STANDARD, 25.7.2012)