Der Besuch einer HTL bedeutet auch Werkstättenunterricht - hier eine Schülerin in der HTL Bregenz beim Löten.

Foto: HTL Bregenz

Gunter Berzler, Direktor der HTL Bregenz, sah "kein Licht am Ende des Tunnels mehr, dass sich in diesem System noch etwas ändert" - und trat aus Protest zurück.

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Bregenz/Wien - Wenn ein Direktor einer Höheren Technischen Lehranstalt (HTL) entnervt zurücktritt - im Doppel mit einem der beiden Abteilungsvorstände seiner Schule -, dann muss der Leidensdruck schon sehr groß sein. An der HTL Bregenz ist genau das passiert. Gunter Berzler und Heimo Breitegger können eine Geschichte erzählen, wie sie von der Schulverwaltung, aber auch einzelnen Lehrern im eigenen Kollegium zermürbt wurden - und schließlich persönliche Konsequenzen zogen.

34 Jahre lang ist Berzler bereits an der HTL Bregenz, seit 2003 als Direktor. Seine letzten zwei Jahre bis zur Pension wird er nun wieder als "ganz normaler HTL-Englisch-Lehrer" arbeiten, weil er in seinen Bemühungen um die Führung der HTL, die für das industriestarke Vorarlberg eine wichtige Ausbildungsstätte ist, "kein Licht am Ende des Tunnels mehr sah, dass sich in diesem System in der Substanz noch etwas ändert".

"Über Jahre" in der "Zwickmühle"

Im STANDARD-Gespräch beschreibt Berzler die "Zwickmühle", in der er als Direktor einer HTL "über Jahre" steckte.

Am Anfang kommt die Politik: Noch heute leiden nicht nur die HTLs unter der Stundenkürzungsverordnung 2003 unter Unterrichtsministerin Elisabeth Gehrer (ÖVP). "Für einen typischen HTL-Absolventen ergibt das in seiner gesamten Schullaufbahn 800 (Aus-)Bildungsstunden weniger", hat Berzler errechnet.

Zusätzlich war seine HTL jahrelang - wie andere HTLs auch, sagt er - "sehr knapp dotiert". Seit Jahren reichen die vom Bund zugeteilten "Werteinheiten", der monetäre Gegenwert des verplanbaren Unterrichts, nicht aus für die HTL für Elektrotechnik und Maschinenbau, die mit vielen Kleingruppen, vor allem im Werkstättenunterricht, arbeitet.

Drei Vollzeitlehrerstellen fehlten

Zuletzt fehlten in Bregenz nach "redlicher Erstellung der Lehrfächerverteilung" 60 Werteinheiten für das nächste Schuljahr, das entspricht drei Vollzeitlehrerstellen.

In dieser "fast Ohnmacht"-Lage beschloss Berzler "schonende Sparmaßnahmen" und glaubte, eine "tragfähige Lösung" erarbeitet zu haben. Im nicht sicherheitsgefährdenden Werkstättenbereich sollte in einigen Klassen statt der Kleingruppe (maximal acht Schüler) an einem Halbtag die Gruppengröße erhöht werden auf maximal elf, um im Rahmen der engen Vorgaben zu bleiben.

Zwei Werkstattlehrer wandten sich daraufhin per Protestbrief an die Schulverwaltung und die Politik gegen die drohende Betreuung größerer Werkstattgruppen. Sie führten pädagogische und sicherheitstechnische Bedenken an.

Daraufhin verlangte die Schulaufsicht laut Berzler ohne Rücksprache mit ihm über seine Sparmaßnahme deren Rücknahme. Ihm wurde die alte Gruppengrößenlösung angeordnet, für die er nicht genug Lehrer hatte. Diesen "Schlag ins Gesicht" beantwortete der Direktor mit seinem Rücktritt: "Ich lass mich von diesem System nicht zum Sündenbock machen."

"Systemverharrer in der Lehrerschaft"

Rückhalt gibt es für Berzler und Breitegger vom Kuratoriumspräsidenten der HTL Bregenz, dem Vorstand beim Seilbahnhersteller Doppelmayr, Christoph Hinteregger: "Sie haben versucht, Reformen umzusetzen, aber sie sind an den Systemverharrern in der Lehrerschaft und der Schulverwaltung gescheitert", sagte der Manager zur Wirtschaftspresseagentur.

Berzlers Zukunftsforderung nach den "nötigen Rahmenbedingungen" hat zwei Adressaten - die Politik und die Lehrer: "Schulen brauchen genügend Zeit und Raum sowie ausreichend qualifiziertes und motiviertes Personal."

Für den Landesschulrat geht es bei dem Streitfall im Kern um die Frage der "Definition der besonderen Sicherheitsgefährdung". Das müsse nun vom Ministerium österreichweit geregelt werden. (Lisa Nimmervoll, DER STANDARD, 26.7.2012)