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Justizministerin Beatrix Karl kennt die Probleme der Justizwache. Vor wenigen Tagen hat sie sich in der Strafanstalt Stein selbst ein Bild von der Personalknappheit gemacht.

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Krems/Wien - In der Justizanstalt Stein bei Krems kann die Justizwache derzeit nur zuschauen, wie Häftlinge ihre Strafe buchstäblich absitzen. Die Buchbinderei steht still, auch in der Tischlerei ist kein Betrieb, fast alle der 28 anstaltseigenen Werkstätten und Betriebe haben Zwangspause. Grund: Massive Personalknappheit bei der Justizwache. Jüngst sollen einige Beamte sogar den Dienst hingeschmissen haben, weil sie nach 25 Arbeitstagen ohne Unterbrechung völlig fertig waren. Die Gewerkschaft schlägt nun Alarm: "Die Stimmung ist furchtbar, die Sicherheit gefährdet", warnt Albin Simma, der Vorsitzende der Justizwachegewerkschaft, im Gespräch mit dem Standard.

Wie ernst die Situation ist, zeigt der Umstand, dass sich Justizministerin Beatrix Karl (ÖVP) vor wenigen Tagen selbst ein Bild von den Zuständen in Stein gemacht hat. Als Sofortmaßnahme ließ sie inzwischen vier Justizwachebeamte aus anderen Anstalten nach Stein zuteilen. "Eine gutgemeinte Geste, aber in Wahrheit nur ein Tropfen auf dem heißen Stein", meint Personalvertreter Simma von der VP-nahen FCG.

Peter Prechtl von der Vollzugsdirektion im Ministerium kann immerhin die Zusage geben, dass im kommenden Herbst 22 neue Justizwachebeamte aus der Grundausbildung direkt nach Stein kommen werden. Wie berichtet, ist die Justizwache ebenso wie die Polizei vom sparpaketbedingten Aufnahmestopp im öffentlichen Dienst ausgenommen.

Dass die Situation in Stein momentan angespannt ist, will Prechtl gar nicht in Abrede stellen. 304 Planstellen seien zwar zu 99,9 Prozent besetzt, aber urlaubsbedingt sei man dünn besetzt, auch der Zeitausgleich für sogenannte Erschwernisstunden müsse abgebaut werden. " Wir können derzeit nicht aus dem Vollen schöpfen", meint Prechtl, der selbst 30 Jahre bei der Justizwache war, fünf Jahre davon als Leiter von Österreichs größtem Gefängnis, der Justizanstalt Wien-Josefstadt. Auch hier, wo neben Strafhäftlingen noch viele U-Häftlinge untergebracht sind, müssen die insgesamt 550 Vollzugsmitarbeiter mehr Dienste schieben als vorgesehen, weil die 900 Haftplätze laut Statistiken fast immer zu " 120 Prozent" belegt sind.

Die mangelnden Beschäftungsmöglichkeiten hinter Gittern führt Prechtl darauf zurück, dass viele Betriebsleiter von außen auch auf Urlaub seien. Prechtl: "Die Sommermonate sind immer eine gewisse Herausforderung." Die Sicherheit sei aber in keiner Justizanstalt des Landes gefährdet, betont er. In Österreich gibt es insgesamt 27 Justizanstalten mit rund 9000 Insassen und knapp 3000 Justizwachebeamten,

Was die Gewerkschaft fast ebenso wurmt wie der Mangel an Personal ist die Justizbetreuungsagentur (JBA). Diese Agentur wurde 2008 als Anstalt des öffentlichen Rechts unter der damaligen Justizministerin Maria Berger (SPÖ) gegründet und ist die Zentrale für externe Fachkräfte wie Psychologen und Sozialarbeiter.

"Aufgeblasene Verwaltung"

Für Justizwachegewerkschaftsboss Simma ist die Agentur verantwortlich für eine "aufgeblasene Verwaltung", die noch dazu teurer sei als die Einstellung von normalen Vertragsbediensten. Was wiederum zulasten des Budgets für die Justizwache gehe.

Peter Prechtl hingegen, der außer dem Justizwache-Oberst auch ein Sozialarbeiterdiplom vorweisen kann, verteidigt die JBA. Rund 140 wichtige Arbeitsplätze seien auf diese Weise bisher besetzt worden. Zuletzt sei über die Agentur auch das chefärztliche Prinzip in Justizanstalten eingeführt worden. Prechtl: "In den beiden Sonderkrankenanstalten in Stein und in der Josefstadt müssen häufig suchtkranke Häftlinge behandelt werden."

Was Gewerkschafter Simma wiederum so kommentiert: "Für alles gibt es Geld, nur für die Justizwache nicht." (Michael Simoner, DER STANDARD, 27.7.2012)