Kärnten, Tag eins nach den Geständnissen des Steuerberaters Dietrich Birnbacher und Josef Martinz'. Das nachfolgende politische Beben hat das Land schwer erschüttert. Derzeit wird mit einer Führungsmannschaft regiert, bei der gegen drei von sieben Regierungsmitgliedern seitens der Justiz ermittelt wird. Riesiger Medienandrang herrschte daher in der Landesregierung. Die FPK hatte eine Sondersitzung einberufen. Doch dabei ging es keineswegs um die belastete FPK-Truppe oder um die am Donnerstag neu eingeleiteten Ermittlungen der Korruptionsstaatsanwaltschaft gegen Harald Dobernig im Zuge des Birnbacher-Geständnisses. Dobernig soll demnach ja gemeinsam mit Uwe Scheuch illegal Geld für die Partei gefordert haben. Er ist immerhin Kärntens Finanzlandesrat und gilt bisher als Anwärter für den FPK-Chefposten, falls der derzeitige Vorsitzende, Uwe Scheuch, wegen Korruption in der "Part of the game"-Affäre verurteilt wird.
Wie zum Hohn beschlossen die Freiheitlichen in der Landesregierung mit ihren Stimmen eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft gegen die SPÖ - wegen Korruptionsverdacht. Da vermuten die Blauen nämlich ebenfalls illegale Parteienfinanzierung über eine SP-nahe Werbefirma. Ein Rücktritt ihrer beiden von Birnbacher schwer belasteten Regierungsmitglieder Dobernig und Scheuch war überhaupt kein Thema. Die beiden wiesen alles von sich. Es gilt die Unschuldsvermutung. Fragen von Journalisten wichen sie tunlichst aus und huschten eher wortkarg in das Regierungszimmer und wieder heraus.
Aufklärung statt Neuwahlen
Trotz erheblichen politischen Drucks seitens der Bundespolitik und der Kärntner Oppositionsparteien SPÖ und Grünen mauern die Freiheitlichen weiterhin gegen Neuwahlen, die längst auch von vielen quer durch das Land eingefordert werden. Doch ohne die Freiheitlichen sind Neuwahlen in Kärnten gar nicht möglich.
"Aufklärung ja, Neuwahlen nein", bekräftigte Landeshauptmann Gerhard Dörfler denn auch nach der Regierungssitzung, bei der die SPÖ gar nicht dabei war. Dörfler stellte sich einmal mehr demonstrativ vor Dobernig und Scheuch. Letzterer wurde ja bereits zweimal (nicht rechtskräftig) wegen Korruption verurteilt.
"Ich bin fürs Saubermachen in ganz Kärnten", sagt Dörfler, der sich als einziger Unbeteiligter in der unendlichen Hypo-Skandal-Causa als Saubermann zu positionieren versucht, obwohl auch gegen ihn wegen Untreue im Zusammenhang mit einer Wahlbroschüre ermittelt wird.
Einen "Skandalsumpf" sieht Dörfler vorrangig bei "Martinz & Co" und daher auch keinen Grund für die Ablöse von Scheuch und Dobernig, solange sie nicht verurteilt sind.
Kritik kommt auch von der Bundes-FPÖ. Sie verlangt vom Kooperationspartner "das Haus in Ordnung zu halten", so Vizechef Norbert Hofer, der "personelle Konsequenzen" nicht ausschließt.
Mit raschen Neuwahlen hat auch die Kärntner ÖVP keine Freude, wenn auch der neue Obmann Gabriel Obernosterer kein Freund der FPÖ ist. "Wir fürchten uns nicht vor Neuwahlen", heißt es. Doch einem Neuwahlantrag, den die Kärntner SPÖ am Freitag in einem Sonderlandtag einbringen will, dürfte man wegen Aussichtslosigkeit kaum zustimmen. Parteiintern ist zu hören, dass nach dem schwarzen Super-GAU mit Martinz und Birnbacher erst die Partei neu aufgestellt werden solle. Vorzeitig gewählt könnte in Kärnten dennoch werden - im Herbst 2013 bei einer gemeinsamen Wahl von Nationalrat und Kärntner Landtag. (Elisabeth Steiner, DER STANDARD, 27.7.2012)