Mit Hilfe des Radioteleskops Effelsberg werden seit 40 Jahren Radioquellen im Universum erforscht.

Foto: apn/Hermann J. Knippertz

Köln - Wer weit ins All horchen will, muss zunächst tief ins Tal: In einer Senke bei Bad Münstereifel im deutschen Bundesland Nordrhein-Westfalen lauscht seit 40 Jahren das gigantische Radioteleskop von Effelsberg in die Tiefen des Universums - weitgehend abgeschirmt von irdischen Störgeräuschen, die die schwachen Signale aus dem All überlagern würden. Nach seiner Inbetriebnahme am 1. August 1972 blieb der Riese mit seiner 100-Meter-Schüssel knapp 30 Jahre lang das größte vollbewegliche Radioteleskop der Welt. Heute ist es immer noch das größte seiner Art in Europa, weltweit liegt es auf Platz zwei.

Zur 100-Meter-Klasse der vollbeweglichen Radioteleskope zählt neben Effelsberg nur noch das im August 2000 eingeweihte Green-Bank-Teleskop in West-Virginia, das einige Meter größer ist als das Teleskop in der Eifel. Betrieben wird die Effelsberger Schüssel vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie (MPIfR) in Bonn.

Erforschung von Radioquellen

Die Radioastronomie hat sich seit ihren Anfängen vor 80 Jahren zu einer der wichtigsten Disziplinen bei der Erforschung des Alls entwickelt. Ihr großer Vorteil im Vergleich zu optischen Beobachtungen ist, dass Radiosignale durch Staubwolken kaum absorbiert werden - im Gegensatz zum sichtbaren Licht. "Wir wollen unter anderem wissen, wie stark Radioquellen strahlen und wie ihre Verteilung am Himmel aussieht", sagt der Physiker und Astronom Nobert Junkes, der am MPIfR für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist.

Zu den Objekten im All, die Radiowellen ausstrahlen, gehören neben Sonne, Planeten und den Zentren von Galaxien die sogenannten Pulsare - schnell rotierende Neutronensterne, die beim Tod von massereichen Sternen in einer Supernova-Explosion übrigbleiben. "In Neutronensternen ist die Masse unserer Sonne auf die Größe einer Stadt wie Köln zusammengepresst", so Junkes.

In der Regel extrem schwache Signale

Derzeit durchsuchen Radioastronomen mit dem hochempfindlichen Teleskop in Effelsberg den nördlichen Himmel systematisch nach solchen Radioquellen. "Pulsare sind Leuchttürme in unserer Milchstraße, die Radiostrahlen entsenden", sagt Michael Kramer, einer der vier Direktoren des MPIfR und Leiter der Forschungsgruppe Radioastronomische Fundamentalphysik. Wobei der Begriff Leuchtturm nicht darüber hinwegtäuschen sollte, dass die Signale von Radioquellen aus dem All in aller Regel extrem schwach sind.

Junkes nennt ein Beispiel: "Im Wellenlängenbereich von Mobiltelefonen wäre ein eingeschaltetes Zwei-Watt-Handy auf dem Mond die vierstärkste Radioquelle an unserem Himmel." Da ist es kein Wunder, dass die Radioastronomen in den 1960er Jahren bei der Standortsuche für das später in Effelsberg gebaute 100-Meter-Teleskop einen ganzen Katalog von Kriterien aufstellten.

Standort-Wahl

Um irdische Störquellen möglichst auszuschalten, sollte die Riesenantenne fernab von größeren Siedlungen und Hochspannungsleitungen gebaut werden. Aus über 30 möglichen Standorten wurde schließlich das Tal bei Effelsberg ausgewählt. Seit der Inbetriebnahme des 3.200 Tonnen schweren Teleskops nutzen Astronomen aus der ganzen Welt das Rieseninstrument als Horchposten ins All. Einer der größten Erfolge in der Geschichte des Teleskop-Giganten gelang im Jahr 2008: Damals stellten Astronomen in Effelsberg einen neuen Weltrekord bei der Suche nach dem am weitesten entfernten Wasser im Universum auf. Fündig wurden sie in einer Distanz von 11,1 Milliarden Lichtjahren.

Um noch schwächere Signale empfangen zu können, würden die Effelsberger Radioastronomen am liebsten alle erdenklichen Störquellen komplett ausschalten - was freilich im Handy-Zeitalter schwer möglich ist. "Wir appellieren aber dringend an unsere Gäste im Besucherpavillon am Teleskop, ihre Handys auszuschalten", so Junkes. (APA, 30.7.2012)