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Was wird Mario Draghi (rechts) den Forderungen Timothy Geithners (links) entgegnen?

Foto: Reuters/Wojazer Philippe

Berlin - In der Eurozone gewinnen Überlegungen an Gewicht, die Mittel des künftigen Euro-Rettungsfonds ESM deutlich zu vergrößern. Dem ESM solle Zugriff auf Kredite bei der Europäischen Zentralbank (EZB) ohne jedes Limit gewährt werden, berichtet die "Süddeutsche Zeitung" unter Berufung auf EU- und Eurozonenvertreter. Zu den Befürwortern zählten wichtige Eurostaaten wie Frankreich und Italien sowie führende Mitglieder des EZB-Rats.

Demnach soll der ESM Länder wie Spanien und Italien in Zukunft unterstützen, indem er in großem Stil Anleihen dieser Staaten kauft. Der ESM dürfte die gekauften Anleihen bei der EZB als Sicherheiten hinterlegen, im Gegenzug erhielte er frisches Geld, das er erneut zur Unterstützung wankender Euro-Staaten einsetzen könnte.

No Limit?

No Limit? So einfach soll es laut Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn aber nicht gehen. Er plädiert zwar für ein stärkeres Engagement der EZB, der Fonds ESM solle aber "nicht Geld ohne Limit und ohne Bedingungen bekommen". "Wir müssen ein Instrument entwickeln, das effektiv die Spekulation unterbindet", sagte er der "ARD". Die Inflationsbekämpfung, das eigentliche Mandat der EZB, sei aktuell nicht das Drängendste.

Es dürfe aber nun kein gegeneinander geben. Wenn Deutschland denke, ohne den Euro gehe es ihm besser, sei dies "extrem gefährlich". "Deutschland war immer stark, wenn es europäisch war", sagte Asselborn.

Geithner fordert Bazooka

Wegen der mutmaßlich zu kleinen Rettungsschirm-Lösung war auch US-Finanzminister Timothy Geithner zu Gast bei Deutschlands Finanzminister Wolfgang Schäuble. Die USA wollen nämlich, dass die Europäische Zentralbank (EZB) mehr Geld in den Euroraum pumpt. Zentralbank-Chef Mario Draghi hat kürzlich erklärt, die EZB werde "alles Erforderliche tun, um den Euro zu erhalten". Draghi ist deshalb der nächste Mann auf Geithners Besucherliste.

Draghi unter Lobbyismusverdacht

Derweil hat der Europäische Bürgerbeauftragte, der Beschwerden über Missständen bei EU-Institutionen nachgeht, just eine Untersuchung gegen Draghi eingeleitet. Es geht um die Frage, ob der Präsident der Europäischen Zentralbank als Mitglied der sogenannten "Group of 30" ("Gruppe der 30") vor einem möglichen Interessenskonflikt steht. Das bestätigte die Sprecherin des Ombudsmanns Nikiforos Diamandouros am Montagabend. Zuvor hatte "Spiegel Online" darüber berichtet.

In der Group of 30 treffen sich hochkarätige Vertreter von öffentlichen und privaten Banken und Akademiker. Neben Draghi gehören dem Zirkel unter anderem der ehemalige EZB-Chef Jean-Claude Trichet an, der Nobelpreis-Ökonom Paul Krugman oder ein hochrangiger Vertreter der Investmentbank Morgan Stanley. Die Europäische Zentralbank hat nun bis zum 31. Oktober Zeit, Stellung zu beziehen. Erst danach wird Diamandouros die Vorwürfe inhaltlich prüfen. (APA/red, derStandard.at, 31.7.2012)