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Die Lage auf den Straßen Monrovias sei äußerst gefährlich, das SOS-Kinderdorf mitten in der umkämpften Zone, berichten Hilfsorganisationen.

Foto: Reuters/LUC GNAGO

Monrovia – Mindestens 300 Menschen sind nach Informationen der liberianischen Regierung bei schweren Kämpfen zwischen Rebellen und Armeesoldaten in der Hauptstadt Monrovia seit Mittwoch getötet worden. Gesundheitsminister Peter Coleman sprach am Freitag im staatlichen Rundfunk außerdem von mehr als 1.000 Verletzten. Die Gefechte in der Millionenmetropole nehmen seit Mittwochabend wieder zu, berichteten Augenzeugen. Während US-Präsident George W. Bush den liberianischen Präsidenten Charles Taylor zum Rücktritt aufforderte, blieb die Antwort der USA auf die Forderungen nach einer direkten Intervention bisher aus.

Flüchtlinge suchen in SOS-Kinderdorf Schutz

Im SOS-Kinderdorf Sinkor im Bürgerkriegsland Liberia herrschen katastrophale Zustände. Rund 6000 Flüchtlinge halten sich auf dem Gelände auf, auf dem derzeit 300 Kinderdorfkinder untergebracht sind. Die Vorräte an Medikamenten und Nahrungsmitteln seien so gut wie aufgebraucht, die Verbindungen zur EU-Vertretung und zum Roten Kreuz in der umkämpften Hauptstadt Monrovia blockiert, berichtete der Regionalleiter von SOS-Kinderdorf für Westafrika, Joe Kittl, am Freitag der APA. Unter den betroffenen Mitarbeitern seien keine Österreicher.

Zahlreiche Bomben und Granaten seien im Stadtzentrum eingeschlagen, hieß es laut Augenzeugenberichten. Über eine Viertelmillion Flüchtlinge befände sich in Monrovia ohne Dach über dem Kopf, berichteten Helfer. Sie bemühten sich um die Verteilung von Wasser, um dem Ausbruch von hygienebedingten Krankheiten entgegenzuwirken. Der Verkehr in Monrovia sei vollständig zusammengebrochen, die Kommunikation teilweise, berichteten Hilfsorganisationen.

Appell von US-Präsident

Die Regierung des umstrittenen Präsidenten Taylor begrüßte einen Appell von US-Präsident George W. Bush zu neuen Friedensgesprächen. Sie äußerte sich jedoch nicht zu der Rücktrittsaufforderung Bushs an Taylor. Bush hatte seinen liberianischen Amtskollegen zu diesem Schritt angehalten, "damit seinem Land nach 14 Jahren Krieg weiteres Blutvergießen erspart bleibt".

Angesichts der blutigen Kämpfe in Liberia forderten Demonstranten in Monrovia unterdessen ein Eingreifen der USA. Eine wütende Menge legte am Donnerstag vor der schwer bewachten US-Botschaft Leichen von Kindern nieder, die in einem amerikanischen Diplomatenviertel vergeblich Zuflucht gesucht hatten. Das von den USA evakuierte Gelände war am Mittwoch von drei Raketen getroffen worden. Dabei kamen nach Augenzeugenberichten 18 Menschen ums Leben.

Bush äußerte sich bisher nicht zu Forderungen nach einer US-Intervention, die zuvor auch Großbritannien erhoben hatte. Der US-Präsident will im kommenden Monat nach Afrika reisen.

Flüchtlingsdrama

Im Verlauf des Bürgerkrieges kam es in der Vergangenheit wiederholt zu Flüchtlingsdramen riesigen Ausmaßes. Bis zu einer Million Menschen – rund ein Drittel der Bevölkerung – suchte zeitweise Schutz in den Nachbarländern.

In der Nacht zum Freitag schlug ein Raketenirrläufer in einem Beerdigungsinstitut ein, das daraufhin geplündert wurde. Die Organisation Ärzte ohne Grenzen rief alle Sanitäter in Monrovia auf, sich für die Versorgung von mehreren Zehntausend Flüchtlingen im Fußballstadion der Stadt bereit zu halten, unter denen die Cholera ausgebrochen sei. Die Lebensmittel wurden immer knapper, da große Vorräte an Reis und Mehl im nicht mehr zugänglichen Hafen lagerten.(APA/dpa/AP)