Die Zahl zu versorgender Asylwerber hat in den vergangenen Jahren beträchtlich abgenommen - Plätzemangel herrscht dennoch.

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Wien/Eisenstadt - Für Peter Hacker, Geschäftsführer des Fonds Soziales Wien (FSW), geht es in der Diskussion um Missstände in Asylwerberpensionen (DER STANDARD berichtete) bei gleichzeitigem Unterkunftsmangel unter anderem ums Geld. Die dieser Tage rechtlich fixierte Erhöhung des Tagsatzes für Beherbergung, Essen, Hygieneartikel, Betreuung von 17 auf 19 Euro sei unzureichend, meint er.

"Unter 25 bis 30 Euro pro Tag und Flüchtling ist Unterbringung im Grunde unrealistisch", sagt Hacker - der mit dem FSW jener Institution vorsteht, die in Wien, wo bundesweit mit Abstand am meisten Asylwerber leben, auch die Flüchtlingsunterbringung koordiniert. In diesem Zusammenhang übt er Kritik an der Kritik des Innenministeriums an den, wie es dort heißt, "säumigen" Ländern.

Diese nämlich hätten "schon seit Jahren eine Valorisierung eingefordert" - und zwar im Rahmen der Gespräche über die seit 2004 bestehende Bund-Länder-Grundversorgungsvereinbarung zur Flüchtlingsunterbringung. Wenn das Innenministerium jetzt so tue, als müssten die Länder von der Tagsatzerhöhung erst überzeugt werden, sei das unzutreffend.

Zahlreiche Konkurse

Vielmehr, so Hacker, sei seit 2005 eine Reihe von Asylwerberheimen und -pensionen in Konkurs gegangen. "Heute stehen um 10.000 Plätze weniger zur Verfügung." Wenn das Innenministerium jetzt ankündige, in bundeseigenen Kasernen Wohnmöglichkeiten suchen zu wollen, "so löst das an jedem möglicherweise betroffenen Ort zwar Knieschlottern aus". Zur Problemlösung trage es jedoch nicht bei. "Statt Großeinrichtungen braucht es kleinere, lokale Unterkünfte."

Und es müsse umgedacht werden: Neben einer weiteren Erhöhung der Tagsätze sollten "Asylwerber in die Lage versetzt werden, für ihren Unterhalt selbst zu sorgen". Sprich: Sie sollten das Recht erhalten zu arbeiten: eine Forderung die u. a. auch von Gewerkschaften, Wirtschaftskammer, Industriellenvereinigung sowie Flüchtlingshilfs-NGOs gestellt wird.

Innenministerium weist Kritik zurück

Zum Arbeitsrecht für Asylwerber will Innenministeriumssprecher Karl-Heinz Grundböck nichts sagen. Die Kompetenz dafür liege woanders.

Die Kritik aus Wien an der unzureichenden Tagsatzerhöhung weist er jedoch zurück: "Die Erhöhung von 17 auf 19 Euro wurde vom Land Wien zur Grundversorgung am 28. März mitbeschlossen: im Bund-Länder-Koordinationsrat, der Änderungen bei der zu 60 Prozent vom Bund und zu 40 Prozent von den Ländern finanzierten Grundversorgung konsensual absegnen muss.

Auch seien die Flüchtlingspensions- und Heimkonkurse in den Ländern nicht zu wenig Geld geschuldet. Sondern mangelnder Auslastung: "2005 waren an die 29.000 Asylwerber untergebracht, diesbezüglich der Höchststand. Seither hat die Zahl von Asylanträgen und somit Unterzubringender abgenommen, auf derzeit 18.816 Grundversorgte."

Trotzdem, so Grundböck: "Es liegt bei den Ländern, für Unterbringungsreserven zu sorgen" - für Situationen wie jetzt, wenn wieder mehr Flüchlinge kommen.

Rezar verspricht Abhilfe

Und es liege auch in Länderkompetenz, auf akzeptable Unterbringungsqualitäten zu schauen. Nach dem Standard-Bericht über autoritäre Wirte, Überbelag und schlechte Versorgung von Asylwerbern im Burgenland hieß es dazu beim zuständigen Landesrat Peter Rezar (SP), man wolle rasch für Abhilfe sorgen, "wenn wir nur die nötigen Infos bekommen". Das wundert Gerlinde Grohotolsky von der Plattform Bleiberecht Burgenland: "Infos über die Zustände liegen Rezar schon seit längerem vor." (Irene Brickner, DER STANDARD, 3.8.2012)