Endlich kommen die schamhaft verschwiegenen Lebensumstände von Asylbewerbern ans Tageslicht. Dem "Die kriegen eh alles" werden Fakten gegenüber gestellt. Die wahren Nutznießer hinter dem System scheinen jene Betreiber zu sein, die sich auf Kosten der ihnen anvertrauten Menschen an den Geldern der Republik bereichern. Es war an der Zeit, diese unsäglichen Zustände zu recherchieren und zu dokumentieren. In Bild und Ton. Es ist eine Schande, dass Kon trollen scheinbar nicht stattfinden, oder eine noch größere Schande, wenn dieses Elend verharmlost wird. Dieses Elend wird Menschen zugemutet, die schon alles verloren haben und nur das nackte Leben retten konnten. Einen lebensgefährlichen Weg nach Österreich durchleiden mussten. Die froh sein können darüber, dass alle Familienmitglieder noch leben - oder wenigstens fast alle. So beginnt man zu denken, wenn man auf der Flucht ist: Wenigstens leben wir. Das ist schon viel. Dann können sich in einem Land wie Österreich manche Pensionsbetreiber immer noch leisten, die Gebäude ungestört verrotten zu lassen. An Essen, an Strom, an Allernötigstem noch sparen, aber derzeit einen Betrag von mindestens 17 Euro am Tag kassieren. Pro Person. Und diese Personen bekommen verdorbenes Essen. Oder jeden Tag Reis mit Zwiebeln. Man teilt Zahnbürsten aus - für fünf Personen drei Stück. Sie werden, obwohl oft geschwächt oder krank, zu sechst in einem Raum mit Schimmelwänden untergebracht. Macht 102 Euro pro Zimmer. Wie im gehobenen Hotel. Aber das betrifft leider nur die Kosten, nicht das Service. Da gibt es zwei Herde in einer winzig kleinen Nische. Für 40 Menschen. Da rinnt das Wasser die grün verfärbte Wand entlang. Da gibt es im baufälligen Haus ständige Stromausfälle. Ist der Betreiber nicht da, sitzen seine Schützlinge im Finstern, bis er wiederkommt. So lassen sich nebenbei auch Stromkosten sparen. Mein Misstrauen wächst dort, wo NGOs und unabhängige Beobachter ausgesperrt werden, wie das zum Beispiel in Kärnten von oben verordnet wurde. Wer nichts zu verbergen hat, braucht keine Isolation zu erzeugen. Aber diese Isolation ist in Kärnten Normalzustand für alle und politisch mehr als erwünscht. Dieses Fernhalten der Welt draußen. Die Zustände auf der Saualm oder in der Pension Piber seien völlig normal gewesen, meinte der Flüchtlingsreferent. Aber in Kärnten ist vieles normal, das ganz offensichtlich anderswo nicht normal ist. Von Neuwahlenboykott bis Rücktrittsunwesen. Vor dem Scheuch ist nach dem Scheuch. Vor der Klage ist nach der Klage. Und mia san mia. Wie Kurt Scheuch nach dem "Kröten"-Sager und dem darauffolgenden Strafantrag festhielt: Das Bild spricht für sich. Allerdings. (Julya Rabinowich, Album, DER STANDARD, 4./4.8.2012)