Bukarest - Der rumänische Premier Victor Ponta von den Sozialdemokraten (PSD) hat am Montag eine umfassende Regierungsumbildung angekündigt. Neuer Innenminister soll Mircea Dusa (PSD), neuer Verwaltungsminister Radu Stroe (PNL) werden. Umstritten ist vor allem die Ernennung der politisch unabhängigen, aber PSD-nahen Richterin Mona Pivniceru zur neuen Justizministerin. Das Ressort Außenpolitik übernimmt der bisherige PSD-Justizminister Titus Corlatean, während der bisherige Außenminister Andrei Marga (PNL) als Botschafter nach Deutschland entsandt werden soll. Die Vereidigung der neuen Minister könnte noch am Montagabend stattfinden.

Die Maßnahme erfolgt vor dem Hintergrund des erbitterten Machtkampfs, bei dem sich einerseits Ponta und sein Regierungsbündnis "Sozialliberale Union" (USL) aus PSD und PNL und andererseits der suspendierte bürgerliche Staatschef Traian Basescu, der von den oppositionellen Liberaldemokraten (PDL) unterstützt wird, gegenüberstehen. Nachdem die USL Anfang Juni mit rechtlich fraglichen und von der EU scharf kritisierten Methoden ein Amtsenthebungsverfahren gegen Basescu durchgesetzt hatte, weigert sie sich nun, die Ergebnisse des Referendums vom 29. Juli anzuerkennen: obwohl die große Mehrheit von fast 88 Prozent für die Absetzung Basescus gestimmt hatte, blieb die Beteiligung unter den erforderlichen 50 Prozent. Somit müsste Basescu in sein Amt zurückkehren.

"Mini-Volkszählung" geplant

Dies konnte die Regierung vorläufig verhindern, indem sie beim Verfassungsgerichtshof, der das Ergebnis offiziell bestätigen muss, Einspruch gegen die selbst erstellten und bestätigten Wählerlisten erhob - diese enthalten angeblich 1,7 Millionen Falscheinträge. Das Quorum war an etwa 1,5 Millionen Stimmen gescheitert. Der VGH vertagte eine Entscheidung auf frühestens Ende August. Ponta kündigte eine "Mini-Volksbefragung" an, im Rahmen derer die Listen "der Realität angepasst" werden sollten. Laut Basescu sei jedoch jede nachträgliche Abänderung geltender Wählerlisten illegal und deren improvisierte Überprüfungen gerade angesichts der Urlaubszeit und der Hochsaison der Auslandsarbeit eine "Maskerade". Wenige Stunden vor Pontas Ankündigung waren sein bisheriger Innenminister Ioan Rus (PSD) und dessen delegierter Verwaltungsminister Victor Paul Dobre von den Nationalliberalen (PNL) zurückgetreten. Rus gab an, sich "an der Nichteinhaltung der Gesetze nicht beteiligen" zu wollen.

Bei der neuen Zusammensetzung des Kabinetts wird vor allem die Bestellung der politisch unabhängigen, aber regierungsnahen Richterin Mona Pivniceru als neue Justizministerin kontrovers diskutiert. Pivniceru, die sich als Mitglied im Magistratenrat (CSM) und Vorsitzende der Juristenvereinigung Rumäniens einer sehr starken Medienpräsenz erfreut hat, hat Basescu wiederholt beschuldigt, auf die Justiz Druck auszuüben und die Empfehlungen der EU-Kommission in den halbjährlichen Justiz-Fortschrittsberichten als "unzulässigen Eingriff" in die Abläufe der rumänischen Justiz bezeichnet.

Rumänien befindet sich bezüglich seines Engagements bei der Korruptionsbekämpfung im Visier der EU-Behörden. Nach ersten bedeutenden Erfolgen in diesem Bereich hatte es immer wieder Anschuldigungen gegeben, dass die Regierung nun versuche, die Justiz unter ihre Kontrolle zu bringen. Daraufhin forderte die EU-Kommission im aktuellen Justizbericht, dass bei wichtigen Justizposten vorläufig keine Neuernennungen stattfinden sollen. Dennoch könnte die neue Justizministerin rein rechtlich sowohl den derzeitigen Leiter der Antikorruptionsstaatsanwaltschaft, Daniel Morar, als auch die Generalstaatsanwältin Laura Kövesi, absetzen.

Umstrittener neuer Minister

Delegierter Minister für die Beziehung zum Parlament wird Dan Sova (PSD), der im März seine Funktion als PSD-Sprecher einbüßte, nachdem er in einer TV-Sendung Aussagen tätigte, durch die er das Judenpogrom in der nordostrumänischen Stadt Iasi im Juni 1941 leugnete. Obwohl historisch zweifelsfrei belegt ist, dass über 13.000 zum Opfer des Pogroms wurden, behauptete Sova, dass "historische Fakten zeigen, dass in Iasi 24 rumänische Staatsbürger rumänischer Abstammung von deutschen Soldaten getötet wurden (...) Rumänische Soldaten waren nicht beteiligt". Ponta schickte ihn daraufhin "zur Dokumentation" zum Holocaust-Mahnmal nach Washington.

Laut Ponta habe der interimistische Präsident Crin Antonescu (PNL) die Vorschläge akzeptiert. Die Schuld für die Regierungsumbildung gab er indes dem suspendierten Präsidenten Basescu, der den Willen des rumänischen Volkes nicht respektiere und durch Aktionen sowohl die Arbeit der Regierung als auch des Parlaments beeinträchtige. Ponta sprach von "Kriegslogik", die er verlassen wolle und von Stabilität und Vorhersehbarkeit, die er anstrebe. (APA, 6.8.2012)