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Sieht aus wie ein Photoshop-Desaster, ist aber keines.

Foto: APA/dapd/Punz

Wien - Ob die Füße oder doch der Geist das 302. Wiener Derby entschieden haben, ist Austrias Kapitän Manuel Ortlechner prinzipiell wurscht. "Das eine schließt das andere nicht aus", sagte er am Tag nach dem 3:0 gegen Rapid. Den trainingsfreien Tag hat er mit einem ausgiebigen Frühstück um die Mittagszeit begonnen. Der 32-jährige Innenverteidiger zählt zu jenen Kickern, "die sagen, was sie denken". Nach reiflicher Überlegung. "Der Kopf ist und bleibt das Wichtigste im Sport." Das hat auch schon Schwimmer Markus Rogan im Radio gesagt, aber irgendwie anders, die Nation exklusive Hermann Maier war erregt. Ortlechner: "Ich lasse mich nicht aufs Glatteis führen." Die Austria ist also nicht blöd, weil sie im Hanappi-Stadion 3:0 gewonnen hat. Rapid ist es auch nicht. "Man verbrennt sich nicht fahrlässig den Mund." Abgesehen davon verdiene Rogan Respekt. "Ein Spitzensportler mit 34 Medaillen."

Aber Ortlechner geht es schon um den österreichischen Fußball, um die Austria. "Der Erfolg gegen Rapid war eine Willenssache. Wir wollten es unbedingt. An den Gesichtern der Gegner hat man gemerkt, dass sie irgendwann nicht mehr mithalten konnten."

Es läuft also bei der Austria, sie hat einen guten Start erwischt: zwei Siege, eine Niederlage. "Wobei die Leistung beim 0:1 gegen Sturm sehr ordentlich war. Aber was ist ein Start? Wann hört er auf? Nach einer Runde? Nach fünf oder zehn Runden?" Es werde generell, so Ortlechner, zu schnell geurteilt. "In beide Richtungen, bei Sieg und Niederlage. Das gilt auch für Rapid. Die werden schon noch ein Rolle spielen."

"Es ist ein Miteinander im Verein"

Bei der Austria mache die Berufsausübung jedenfalls Spaß. "Es ist ein Miteinander, das zieht sich durch den ganzen Verein." Welchen Anteil der neue Trainer Peter Stöger an der guten Stimmung hat, möchte Ortlechner nicht beurteilen. "Man soll nicht groß über Vorgesetzte reden. Nicht einmal über ehemalige Vorgesetzte. Aber was Stöger macht, wie er auftritt, ist okay. Sehr okay. Ich mag Leute, denen Respekt und Gerechtigkeit wichtig ist."

Die verordnete offensive Spielweise schätzt Ortlechner. "Obwohl man da schon vorsichtig sein muss. Am Anfang einer Saison traut man sich mehr, da wird noch nicht so viel gerechnet." Er kam 2009 von der Austria Kärnten nach Wien. "Zu einem Zeitpunkt, als die Austria wieder sympathisch wurde. Die Phase unter Frank Stronach war von außen betrachtet sehr unsympathisch. Aber ich will nicht wie ein Heiliger da stehen. Wäre früher ein Angebot gekommen, hätte ich vermutlich zugesagt. Man ist ja nicht der Feind seines Geldes." Das gelte aktuell auch für Red Bull Salzburg. "Keiner, der dort hingeht, ist zu verurteilen."

Die Austria habe eine Philosophie, an die man sich halten müsse. "Sie steht für attraktiven, manchmal sogar künstlerischen Fußball. Daran haben sich Spieler, Trainer und Funktionäre zu orientieren. Das ist kein Klischee, das Wort mag ich nicht. Es ist eine Philosophie, die uns überlebt. Der Klub bleibt."

Hütteldorfer Realität

Rapid bleibt natürlich auch. "Wir sind auf dem Boden der Realität angekommen," sagte Tormann Lukas Königshofer nach der Demütigung. Am Donnerstagabend gilt es in der Europa League das 1:2 gegen Novi Sad aufzuholen. Trainer Peter Schöttel muss bis dahin versuchen, "die Mannschaft nach der bitteren Klatsche aufzurichten". Körperlich und geistig. Ortlechner: "Der Kopf ist im Sport das Wichtigste. Natürlich drücke ich Rapid die Daumen, es geht um den österreichischen Fußball." (Christian Hackl, DER STANDARD, 7.8.2012)