In Deutschland hat Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) eine heftige Debatte um Sterbehilfe ausgelöst. Ihr Ministerium schlägt vor, gewerbsmäßige Sterbehilfe unter Strafe zu stellen. So soll eine rechtliche Grauzone abgeschafft werden. Denn bisher steht nur Tötung auf Verlangen unter Strafe, Beihilfe zur Selbsttötung jedoch nicht - außer durch Ärzte.

Doch es ist nicht der neue Straftatbestand, der für Aufregung sorgt - vielmehr sind es die geplanten Ausnahmen. Leutheusser-Schnarrenberger schwebt Folgendes vor: Wer anderen beim Suizid hilft und dafür Geld verdient (Sterbehilfe-Organisationen also, wie es sie in der Schweiz gibt), dem drohen bis zu drei Jahre Gefängnis. So will die Justizministerin verhindern, dass diese Organisationen auch in Deutschland Fuß fassen.

Straffrei soll die Sterbe-Beihilfe jedoch bleiben, wenn sie von Angehörigen und anderen nahestehenden Personen durchgeführt wird - ohne dass dafür Geld fließt. Im Gesetzesentwurf heißt es dazu: "Auch Ärzte oder Pflegekräfte können darunter fallen, wenn eine über das rein berufliche Verhältnis hinausgehende, länger andauernde persönliche Beziehung entstanden ist, wie dies zum Beispiel beim langjährigen Hausarzt oder einer entsprechenden Pflegekraft der Fall sein kann."

Der Aufschrei der Ärzteschaft folgte prompt. Von einem "Stück aus dem Tollhaus" spricht der Chef der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, und erklärt: "Unsere Position ist klar, als Sterbehelfer stehen wir Ärzte nicht zur Verfügung." Denn das Berufsrecht verbiete es Ärzten, Patienten auf deren Verlangen zu töten, sie dürften auch keine Hilfe zur Selbsttötung geben.

Zwar beeilte sich ein Sprecher von Leutheusser-Schnarrenberger zu versichern: "Neues Strafrecht wird eingeführt, kein Strafrecht abgeschafft." Doch auch anderswo ist die Empörung groß. So erklärt Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU): "Ärzte oder Pflegepersonal dürfen sich nicht am Geschäft mit dem Tod beteiligen." Er fordert eine Klarstellung im Gesetzesentwurf.

Für gewerbliche Hilfe

Unterstützung hingegen kommt von Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP). Man müsse berücksichtigen, dass es Krebspatienten oder andere Sterbenskranke gebe, die ihre Angehörigen oder ihre Begleiter in Suizid-Überlegungen einbezögen. Bahr: "Das sollten wir zur Kenntnis nehmen."

Laut einer Emnid-Umfrage befürworten 49 Prozent der Deutschen auch gewerbliche Sterbehilfe - jene also, die die Ministerin explizit unter Strafe stellen will. 41 Prozent der Deutschen sind gegen eine Legalisierung solcher "Dienste".

In Österreich ist sowohl Töten auf Verlangen als auch jedwede Mitwirkung am Freitod verboten. Niemand darf einen anderen Menschen dazu verleiten, sich selbst zu töten oder ihm dazu Hilfe leisten - auch dann nicht, wenn der Betreffende dies ausdrücklich verlangt. Wer sich diesbezüglich strafbar macht, dem droht eine Freiheitsstrafe zwischen sechs Monaten und fünf Jahren. (Birgit Baumann, DER STANDARD, 7.8.2012)