Der angeschlagene japanische Traditionskonzern Sharp steht vor schweren Krisengesprächen mit seinen Geldgebern. Hohe Verluste und ein rapide geschrumpfter Börsenwert schwächen die Position in den Verhandlungen mit einem wichtigen Partner Hon Hai und den Banken, die den hundert Jahre alten Elektronikriesen zu einem Ausverkauf zwingen könnten. Der künftige Großaktionär Hon Hai Precision Industry aus Taiwan machte am Dienstag deutlich, dass die Konditionen für den im März ausgehandelten Einstieg zu seinen Gunsten geändert werden müssen. Für Sharp bedeutet dies in jedem Falle einen Nachteil: Entweder die Japaner bekommen weniger Geld für das vereinbarte Paket von elf Prozent. Oder es bleibt bei der ausgemachten Investition von umgerechnet 680 Millionen Euro, und dafür sichert sich Hon Hai ein größeres Stück an Sharp und damit auch mehr Mitspracherechte.

"Beides wird diskutiert: ein höherer Anteil ebenso wie ein Preisnachlass"

"Beides wird diskutiert: ein höherer Anteil ebenso wie ein Preisnachlass", sagte ein Sprecher von Hon Hai. Noch in dieser Woche solle es dazu eine gemeinsame Mitteilung der zwei Unternehmen geben. Gemessen am aktuellen Marktwert würden die Taiwaner für den ausgehandelten Preis mittlerweile ein Drittel an Sharp bekommen. Die Einigung im Frühjahr sah noch 550 Yen je Aktie vor. Zuletzt jedoch wurden an der Börse für den Sharp-Titel nur noch 183 Yen bezahlt.

Der einst stolze Konzern, der den ersten elektronischen Taschenrechner auf den Markt brachte und Pionierarbeit leistete bei TV-Geräten mit Flüssigkristall-Bildschirmen (LCD), leidet schwer unter der harten ausländischen Konkurrenz und einer schwindenden Nachfrage im Fernseher-Geschäft. Vergangene Woche kündigte das Management einen Jahresverlust von umgerechnet einer Milliarde Euro an und die Streichung von 5000 Stellen, das sind rund zehn Prozent der Gesamtbelegschaft.

Auf die Unterstützung des Partners aus Taiwan kann Sharp kaum verzichten. "Ohne das Geld von Hon Hai droht Sharp die Insolvenz", sagte Pelham Smithers, Geschäftsführer der nach ihm benannten Marktanalyse-Firma in London. Und auch die Banken dürften Druck machen: Sie werden womöglich auf stärkere Bindungen zu Hon Hai dringen sowie die Trennung von Bereichen, die nicht zum LCD-Geschäft gehören, sagte eine Person aus dem Umfeld eines Gläubigerinstituts.

Als gefährdet gelten Fernseher-Fabriken, die geschlossen werden könnten, sowie Töchter aus der Solar- und der Haushaltsgeräteindustrie, denen ein Verkauf droht. Auch Beteiligungen an Pioneer, Olympus, Toshiba sowie Banken ließen sich zu Geld machen. Sie sind umgerechnet über 400 Millionen Euro wert.

Sharp und Hon Hai sind beide wichtige Zulieferer von Apple. Die Japaner bauen Bildschirme für den Tabletcomputer iPad und andere Apple-Geräte. Auch das neue iPhone, dessen Marktstart für Oktober erwartet wird, soll Sharp-Bildschirme bekommen. Analysten gehen allerdings nicht davon aus, dass der US-Konzern von Sharps Problemen ernsthaft in Mitleidenschaft gezogen wird. Apple könnte zur Not auf andere Zulieferer zurückgreifen, sagte Shaw Wu von Sterne Agee in San Francisco. (Reurters, 07.08. 2012)