Neulich war Asthon Kutcher in Berlin. Und siehe da: Der US-Schauspieler tauchte nicht nur in den Klatschspalten der Gazetten auf, sondern auch im Wirtschaftsteil. Denn er hatte jede Menge Geld im Gepäck, um es in das Berliner Start-up Gidsy zu investieren. Er war nicht der Einzige, insgesamt ließ eine internationale Investorengruppe 940.000 Euro da.

Die Old Economy wollte sehen

Auch Berliner Kaufleute fanden sich unlängst in diversen Hinterhöfen wieder, die Old Economy wollte sehen, was da so alles an New Economy entsteht. Danach flossen siebenstellige Summen.

"Berliner Start-ups boomen. Immer mehr Kreative aus der ganzen Welt zieht es hierher, die Stadt läuft sogar London schon den Rang ab", sagt Alexander Hüsing, Geschäftsführer der Internetplattform Deutsche Start-ups zum STANDARD. Der Grund sind für ihn "fast schon banal": der Freiraum.

In Berlin sind die Mieten, verglichen mit anderen Städten, immer noch unglaublich günstig. Es gibt Arbeitsplätze im Zentrum in jeder Größe und Lage. "Die Stadt ist seit zwanzig Jahren nicht fertig und wird es auch in zwanzig Jahren noch nicht sein, da findet jeder seine Nische", meint Hüsing.

Zudem ist die Szene bestens vernetzt. Regelmäßig gibt es Netzwerkveranstaltungen, bei denen junge Unternehmer Erfahrungen austauschen.
Kein fertiges Team nötig

Fertiges Team

"Man muss nicht mit einem fertigen Team nach Berlin kommen. Hier leben mittlerweile so viele Designer, Grafiker und Menschen, die Ideen haben, dass man rasch Leute für sein eigenes Projekt findet", sagt Leonie Groß vom Gründungsservice der Technischen Universität, der Unternehmensgründer unterstützt. Sie selbst stammt aus Salzburg und ist auch in Berlin hängengeblieben.

Die Österreicherin beobachtet bei den Start-ups einen Trend, der auch Investoren gefällt: "Viele Entwickler sind selbst sehr bescheiden und brauchen für sich selbst nicht viel. Außerdem ist für die Umsetzung einer Idee natürlich auch anfangs weniger Kapital nötig als etwa bei einer Restauranteröffnung."

Nachsatz: "Aber nach den ersten Monaten sind auch IT-Start-ups auf Startkapital angewiesen." Hüsing sieht es ähnlich: "Eine gute Idee allein reicht nicht. Man muss auch ein Konzept haben, wie man an Geld kommt. Da bietet Berlin ebenfalls gute Möglichkeiten."

"Heute wird überall auf die Kosten geachtet, das stylishe Loft mit extrem hoher Miete muss und kann es nicht mehr sein"

Sorge, dass es wie im Jahr 2000 wieder zu einer Internetblase kommen könnte, hat er nicht. Die ganze Szene sei bescheidener geworden. "Heute wird überall auf die Kosten geachtet, das stylishe Loft mit extrem hoher Miete muss und kann es nicht mehr sein", sagt Hüsing. Und eine Hoffnung haben sie in der Berliner Internetszene ohnehin alle gemeinsam: dass auch dort eines Tages etwas in der Größenordnung von Facebook, Ebay oder Google entsteht. (Birgit Baumann aus Berlin, Der STANDARD, 08.08. 2012)