STANDARD: Ist transgener Mais ökologischer oder riskanter als der konventionelle Anbau?
José Luis Romeo: Es ist besser, wenn die Pflanze sich selbst verteidigt, als großflächig Chemie einzusetzen, sei es gegen Schädlinge oder Unkraut.
STANDARD: Wie werden Kreuzungen bei der Aussaat verhindert?
Romeo: Maissamen legen keine weiten Wege zurück. Es reicht eine Bannmeile von 50 Metern absolut aus.
STANDARD: Können Toxine von transgenem Mais in die Umwelt gelangen?
Romeo: Das Bacillus thuringiensis, dessen Gene dem Bt-Mais eingesetzt wurden, wird als Bakterium in der konventionellen und biologischen Landwirtschaft auf die Pflanzen aufgetragen. Die konventionelle Landwirtschaft sucht selbst Mutationen, die teils unter Gammastrahlen entstehen. Das ist viel riskanter, als eine gezielte Manipulation am Erbgut.
STANDARD: Spaniens Forschung und Entwicklung in der Biotechnologie gilt als eine Wachstumsbranche. Weshalb?
Romeo: Wir müssen uns adaptieren, wie es die Natur auch macht. Die konventionelle Landwirtschaft sieht sich periodisch neuen Gefahren ausgesetzt. Neue Unkrautarten und Neophyten oder Insekten wie der Maiswurzelbohrer breiten sich aus. Wenn wir nicht in die "Grüne Revolution" investieren, wird es bald viel mehr Hunger geben. Die Getreidepreise sind schon jetzt hoch. Es drohen Missernten in den USA. Das Bevölkerungswachstum ist rasant, Asien prescht auf den Weltmarkt. Langfristig betrachtet, müssen wir uns Sorgen machen, mehr produzieren, weniger konsumieren. Das gelingt nur über Biotechnologie.
STANDARD: Der Widerstand der Öffentlichkeit gegen transgene Pflanzungen ist groß. Was sagen Sie den Kritikern?
Romeo: In Frankreich sind 80 Prozent gegen transgene Pflanzungen. Doch die Gegner gehen in den Supermarkt und essen jeden Tag gentechnisch veränderte Nahrung. Sie wissen nicht, dass das Fleisch von Tieren stammt, die mit transgenem Soja gefüttert wurden. Die Milch stammt von Kühen, die transgenes Getreidefutter fressen. Das Joghurt wird mit genetisch modifizierten Bakterien hergestellt, der Roquefort-Käse ebenso, Bier wird mit modifizierter Hefe gebraut. Das steht nicht auf der Packung, bei weniger als 0,1 Prozent Anteil herrscht keine Informationspflicht. Wenn es jedoch richtig kommuniziert wird, dann werden auch die ganzen Ängste, die auf Unwissenheit fußen, drastisch sinken. Selbst Insulin wird bereits mit gentechnisch veränderten Bakterien produziert. Bakterien könnten aus Abfällen Treibstoff herstellen. Im Silicon Valley kaufen sich IT-Unternehmen im großen Stil in die Biotech-Branche ein. (Jan Marot, DER STANDARD, 9.8.2012)