Bild nicht mehr verfügbar.

Nach Angaben der Asylkoordination Österreich leben mehr als 400 unbegleitete Jugendliche im Flüchtlingslager Traiskirchen. Im September 2011 seien es noch 194 Minderjährige gewesen.

Foto: APA/Techt

Traiskirchen/Salzburg - Die Situation für minderjährige Flüchtlinge in der Erstaufnahmestelle Traiskirchen (NÖ) ist alarmierend: Nach Angaben der Asylkoordination Österreich leben mehr als 400 unbegleitete Jugendliche in dem Flüchtlingslager. Im September 2011 seien es noch 194 Minderjährige gewesen.

Laut Grundversorgungsgesetz sind Asylwerber 14 Tage nach Zulassung zum Asylverfahren in die Bundesländer zu überstellen. Einige Jugendliche lebten allerdings schon seit einem halben Jahr oder länger in der Erstaufnahmestelle, weil sie nach der Zulassung zum Asylverfahren keinen Platz bekommen, sagt Heinz Fronek von der Asylkoordination Österreich.

Schon im September 2011 ist die NGO wegen der Anpassung der Betreuungskapazitäten für jugendliche Asylwerber an das Innenministerium herangetreten. Passiert ist bisher nichts. Die Situation habe sich sogar verschlechtert, klagt Fronek.

Immer mehr unmündige Flüchtlinge

Immer mehr unmündige Minderjährige (unter 14) werden als Flüchtlinge nach Österreich geschickt. Ein Trend, der mit der allgemeinen Flüchtlingsabwehr zusammenhängt, erklärt Fronek. "Kinder werden geschickt, weil sie bessere Chancen auf ein Asylverfahren haben und ihnen ihr Alter geglaubt wird."

Manche Bundesländer wären zwar durchaus bemüht, Plätze bereitzustellen, das Problem seien aber die unzureichenden Tagsätze, die seit 2004 nicht erhöht wurden. Die meisten Betreuungsplätze würden von NGOs, Vereinen und Flüchtlingsinitiativen angeboten. Diese könnten sich aber die Eröffnung neuer Quartiere nicht leisten. Mindestens um 20 Prozent müssten die Tagsätze inflationsbedingt angehoben werden, fordert Fronek.

Fehlende Betreuung

Die Steiermark betreut mit 264 Personen die meisten unbegleiteten minderjährigen Asylwerber. Die Problematik in der Steiermark seien die privaten Beherberungsbetriebe, die nicht das nötige Know-how für Minderjährige hätten, betont Fronek.

Nur Wien erfülle überhaupt die Quote mit der Aufnahme von 5611 Asylwerbern insgesamt, betreue aber nur 92 Minderjährige, berichtet Fronek. Oberösterreich liegt mit 62 im Mittelfeld. Keine bis wenige Plätze für Jugendliche bieten das Burgenland und Kärnten an. Im Herbst werde sich die Situation für die Kinder in Traiskirchen weiter zuspitzen: Das Angebot sei nicht für eine längere Betreuung ausgerichtet. Es fehle an Deutschkursangeboten und Alphabetisierungskursen; vielen Minderjährigen bliebe - trotz der nach Zulassung zum Asylverfahren geltenden allgemeinen Schulpflicht - der Schulbesuch verwehrt.

Schüler gegen Abschiebung

Dass Schulbesuch wichtig für die Integration junger Flüchtlinge ist, zeigen die zahlreichen Protestaktionen von Schülern und Schülerinnen, deren Mitschüler von der Abschiebung bedroht sind. So auch am Mittwochnachmittag im Stadtzentrum von Hallein, wo Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (VP) zur Eröffnung einer Wachstube angesagt war; dies wollten 50 Mitschüler und Nachbarn eines 17-jährigen Armeniers für Aktionen gegen eine mögliche Abschiebung des Jugendlichen nutzen. Wie berichtet, wurden zu Wochenbeginn bereits seine Mutter und ein Bruder abgeschoben. Der 17-jährige Geworg, sein Vater und ein weiterer Bruder blieben in Österreich zurück. Die Proteste in Hallein blieben ungehört: Mikl-Leitner sagte den Termin kurzfristig ab.

Der Kärntner Landeshauptmann Gerhard Dörfler (FPK) wiederum stellte sich Mittwoch hinter die umstrittene Flüchtlingsunterkunft (für Erwachsene) auf der Saualm. Klagen über unzumutbare Zustände wie Schimmel in den Zimmern (der Standard berichtete) hielt er entgegen, dass es "keine nennenswerten Beanstandungen" gebe. Die Volksanwaltschaft will er nicht prüfen lassen, weil diese nicht befugt sei. Volksanwalt Peter Kostelka kündigte dennoch Kontrollen an. (Thomas Neuhold/Stefanie Ruep, DER STANDARD, 9.8.2012)