Schrödingers Arbeiten zur Quantenmechanik machten ihn in der physikalischen Welt mit einem Schlag berühmt.

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Mit "Schrödingers Katze" wollte der Physiker 1935 zeigen, was passiert, wenn man die quantenmechanische Wellenfunktion auf makroskopische Objekte überträgt.

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Wien - Wenn Österreich im Bereich der Quantenphysik "weltweit führend" ist, wie dies kürzlich der Wiener Quantenforscher Jörg Schmiedmayer gesagt hat, stehen die heimischen Physiker in der Tradition jenes Mannes, der dieses Gebiet vor nicht einmal 100 Jahren mitbegründet hat: Erwin Schrödinger hat 1926 mit der sogenannten Wellenmechanik eine der beiden theoretischen Formulierungen der Quantentheorie geliefert. Dafür wurde Schrödinger 1933 der Physik-Nobelpreis zuerkannt. Am 12. August vor 125 Jahren wurde Schrödinger in Wien geboren.

Wegweisendes Erklärungsmodell

Seine entscheidenden Arbeiten machte Schrödinger in den 1920er Jahren in Zürich. An der dortigen Universität hatte er von 1921 bis 1927 den Lehrstuhl für Theoretische Physik inne. Inspiriert von den Arbeiten des französischen Physikers Louis de Broglie, der mit seiner Dissertation über die Wellennatur des Elektrons zeigte, dass der Welle-Teilchen-Dualismus nicht nur für Photonen gilt, sondern auch ein Wesensmerkmal von Materie ist, schuf Schrödinger eine völlig neue Mechanik: die Quantenmechanik, die plötzlich auch die Bewegungsvorgänge innerhalb der Atome erklären konnte.

Ein Fundament der Quantenmechanik

Das Herzstück seiner Arbeit ist die sogenannte Schrödingergleichung, die heute nicht nur Schrödingers Stele im Arkadenhof der Universität Wien, sondern auch sein Grabkreuz im Tiroler Bergdorf Alpbach ziert. Diese Gleichung ist das Fundament für nahezu alle praktischen Anwendungen der Quantenmechanik, mit ihr gelang und gelingt es, viele Eigenschaften von Atomen, Molekülen und Festkörpern zu erklären.

Die legendäre Katze

Auch eines der berühmtesten Gedankenexperimente entstand aus der Quantenmechanik: "Schrödingers Katze". Mit ihr wollte Schrödinger 1935 zeigen, was passiert, wenn man die quantenmechanische Wellenfunktion auf makroskopische Objekte überträgt. Dann könnte bei entsprechender Versuchsanordnung auch eine Katze in einem sogenannten Zustand der Überlagerung - und demnach sowohl lebendig als auch tot - sein.

Von Wien über Zürich nach Berlin

Schrödinger, der am 12. August 1887 in Wien als Sohn eines Wachstuchfabrikanten geboren wurde und an der Uni Wien Physik studiert hatte, war vor seiner Zeit in Zürich bereits in Wien, Jena, Stuttgart und Breslau tätig gewesen und hatte auch im Ersten Weltkrieg gekämpft. Seine Arbeiten zur Quantenmechanik machten ihn in der physikalischen Welt mit einem Schlag berühmt. 1927 erhielt er einen Ruf an die Humboldt-Universität Berlin, wo er Max Planck am Lehrstuhl für Theoretische Physik nachfolgte. Zu dieser Zeit war Berlin eine Hochburg der Physik und Schrödinger fühlte sich wohl.

Weg von den Nazis

Doch schon bald bereitete dem Freigeist die politische Entwicklung Unbehagen; aus seiner Ablehnung des Nationalsozialismus hatte er nie ein Hehl gemacht. 1933 ging er deshalb an das Magdalen College der Universität Oxford. Im selben Jahr nahm er gemeinsam mit Paul Dirac den Physik-Nobelpreis entgegen. 1936 wechselte der Physiker an die Uni Graz, doch 1938 wurde seine persönliche Situation durch eine Hausdurchsuchung und Verhöre immer unerträglicher.

Scheitern bei einer einheitlichen Feldtheorie

Er ging zunächst wieder nach Oxford und wechselte 1940 an das neu gegründete Institute for Advanced Studies in Dublin (Irland), wo er Direktor der School of Theoretical Physics wurde. 16 Jahre arbeitete Schrödinger dort und machte Dublin zu einem Zentrum für theoretische Physik. 50 Publikationen entstanden in diesen Jahren, bei seiner Suche nach einer einheitlichen Feldtheorie, die die Phänomene der Gravitation und des Elektromagnetismus erklärt, blieb ihm der Erfolg allerdings versagt.

"Was ist Leben?"

Dafür entstand in dieser Zeit sein Buch "Was ist Leben?", in dem er 1944 ein wesentliches Konzept der modernen Biologie entwickelte: die Idee des genetischen Codes. Mit mehr als 100.000 verkauften Exemplaren sollte dies das meistverbreitete Werk des Physikers werden.

Todestag 4. Jänner 1961

Die Kontakte in seine alte Heimat hat Schrödinger nie abreißen lassen. 1950 war er Gastprofessor an der Uni Innsbruck und auch das Europäische Forum Alpbach besuchte er regelmäßig. 1956 entschloss sich der Wissenschafter, nach Österreich zurückzukehren und übernahm eine speziell für ihn eingerichtete Lehrkanzel an der Universität Wien. Doch Schrödingers Gesundheit war angegriffen, 1960 wurde Alterstuberkulose diagnostiziert. Schrödinger zog sich nach Alpbach zurück, wo er am 4. Jänner 1961 starb und auch begraben wurde. (APA, 11.8.2012)