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Foto: ap/volker hartmann

Düsseldorf - Der deutsche Stahlkonzern ThyssenKrupp treibt den milliardenschweren Verkauf von Beteiligungen voran kämpft jetzt auch in Europa mit immer größeren Problemen im Stahlgeschäft. Das Unternehmen stehe in fortgeschrittenen Verhandlungen zur Veräußerung der zum europäischen Stahlgeschäft gehörenden Bauelemente-Gruppe (Construction Group), teilte das Unternehmen am Freitag mit. Nähere Angaben macht ThyssenKrupp nicht.

Die Bauelemente-Gruppe beschäftigt rund 780 Mitarbeiter. Sie hatte im vergangenen Geschäftsjahr einen Umsatz von 300 Mio. Euro erzielt. Bei einem weiteren Unternehmen, Berco aus Italien, prüft ThyssenKrupp ebenfalls die Möglichkeiten für einen Verkauf. Der Anbieter von Kettenlaufwerken für Baumaschinen beschäftigt rund 3.000 Mitarbeiter. Diese erzielten zuletzt einen Umsatz von 500 Mio. Euro.

Bisher hatte vor allem die amerikanische Stahlsparte mit ihren Verlusten auf dem Konzern gelastet - noch nicht die Europäische. Im dritten Quartal brach aber der operative Gewinn der Stahlschmieden am alten Kontinent auf 52 Mio. Euro ein, ein Jahr zuvor standen noch 322 Mio. Euro in den Büchern. Dies trug maßgeblich dazu bei, dass auch im Gesamtkonzern der um Sondereffekte wie Veräußerungsergebnisse bereinigte Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) von 570 auf 122 Mio. Euro zusammenschmolz, wie ThyssenKrupp am Freitag mitteilte. Dennoch bestätigte das Unternehmen seine Prognose für das im September endende Geschäftsjahr 2011/12.

"Die schwache konjunkturelle Entwicklung und insbesondere die allgemeine Unsicherheit wegen der ungelösten Staatsschuldenkrise machen sich in unseren Märkten zunehmend bemerkbar", erläuterte Vorstandchef Heinrich Hiesinger bei der Vorlage der Zahlen. Im Stahlgeschäft spüre der Konzern die Zurückhaltung der Kunden. ThyssenKrupp habe hierauf maßvoll reagiert. Der Konzern hatte Anfang dieses Monats mehr als 2000 Stahlbeschäftigte in Kurzarbeit geschickt.

Verlust in US-Stahlsparte

Im Gesamtkonzern gingen die Erlöse von April bis Ende Juni auf 10,71 Mrd. Euro von 11,506 Mrd. Euro im Vorjahreszeitraum zurück. Analysten hatten allerdings im Durchschnitt lediglich mit Erlösen von 10,662 Mrd. Euro gerechnet und auch das bereinigte Ebit nur auf 78,9 Mio. Euro taxiert. "Die Zahlen sehen auf den ersten Blick ganz gut aus", sagte ein Händler. Gerade wegen der Probleme in der Stahlsparte sei das nicht zu erwarten gewesen. Im frühen Geschäft von Lang & Schwarz legten die Aktien des Mischkonzerns um 2,2 Prozent zu.

Hiesinger bekräftigte, dass er das bereinigte Ebit im Gesamtjahr in den mittleren dreistelligen Millionen-Euro-Bereich halten will. Nach neun Monaten hat der Konzern 339 Mio. Euro erreicht. Unter dem Strich hat ThyssenKrupp allerdings einen Verlust von 938 Mio. Euro geschrieben.

In der amerikanischen Stahlsparte, deren Verkauf Hiesinger vorantreibt, türmte sich im dritten Quartal ein operativer Verlust von 262 Mio. Euro auf nach einem Fehlbetrag von 190 Mio. im Vorjahreszeitraum. Für das zum Verkauf stehende oder für Partner offene Geschäft führe der Konzern Gespräche mit möglichen Investoren, sagte Hiesinger. ThyssenKrupp prüfe mit Nachdruck die strategische Optionen und sehe ein reges Marktinteresse. Der Manager hatte vor wenigen Monaten die Notbremse gezogen und die Suche nach Partnern oder Käufern für die neuen Werke in Brasilien und den USA eingeleitet. Unter seinem Vorgänger Ekkehard Schulz waren die Kosten für die Anlagen auf zwölf Milliarden Euro explodiert. Die Verluste im amerikanischen Stahlgeschäft trugen wesentlich dazu bei, dass ThyssenKrupp im vergangenen Geschäftsjahr einen Verlust von 1,8 Mrd. Euro verbuchte. (APA/Reuters, 10.8.2012)