Bild nicht mehr verfügbar.

Olschak scheut auch vor prominenten Persönlichkeiten nicht zurück.

Foto: dapd/Punz

Wien - Jener Richter, der vor knapp zwei Wochen den ehemaligen Generalsekretär des Österreichischen Olympischen Komitees (ÖOC), Heinz Jungwirth, nicht rechtskräftig für fünf Jahre ins Gefängnis geschickt hat, wird auch den Prozess gegen den ehemaligen ÖVP-Innenminister Ernst Strasser leiten. Georg Olschak wurde zum Vorsitzenden jenes Schöffensenats bestimmt, der zu beurteilen haben wird, ob Strasser den Tatbestand der Bestechlichkeit erfüllt hat, teilte Gerichtssprecher Christian Gneist am Freitag mit.

"Promischreck"

Olschak gilt in der Justizanstalt Josefstadt in Wien als "Promischreck", der sich nicht davor scheut, auch bekannte, gut vernetzte und wirkungsmächtige Persönlichkeiten hart anzufassen, wenn diese nachweislich gegen Strafgesetze verstoßen haben. Bereits als ganz junger Richter verdonnerte er etwa einen Wiener Schönheitschirurgen und Society-Liebling zu vier Jahren Haft, weil dieser an HIV-erkrankte Patienten wirkungslose Präparate verkauft hatte. Später wickelte Olschak unter anderem die Verhandlung um die Pleite des in SPÖ-Besitz befindlichen Vorwärts-Verlags und einen Prozess um groß angelegte Bieterabsprachen und Bestechungen in der Wiener Bauwirtschaft ab.

"Widerwärtige Funktionärsmentaltität"

Zuletzt ließ der Richter mit seiner Urteilsbegründung im Untreue-Prozess gegen den einst schwergewichtigen ÖOC-General Jungwirth aufhorchen, als er "die widerwärtige, altösterreichische Funktionärsmentalität" geißelte und betonte, selbstherrliches und mit den Gesetzen nicht in Einklang stehendes Verhalten gehöre "mit aller gebotenen Härte unterbunden".

Experte: "Schwierige Rechtsfrage"

Für den namhaften Wiener Strafrechtsexperten Helmut Fuchs hat das Gericht im Fall Strasser eine "schwierige Rechtsfrage zu lösen", wie er erklärte. "Man wird nicht sagen können, dass die Anklage aus der Luft gegriffen ist. Aber man muss sich sehr genau anschauen, ob hier tatsächlich ein Amtsgeschäft vorliegt", sagte Fuchs.

Strasser hatte am 11. November 2010 und in mehreren weiteren Treffen zwei als Lobbyisten getarnten britischen Enthüllungsjournalisten die Bereitschaft signalisiert, gegen Entgelt Gesetzesänderungen im EU-Parlament einzubringen. Die Reporter sollen dem damaligen EU-Parlamentarier ein jährliches Honorar von 100.000 Euro in Aussicht gestellt haben.

Strasser soll dann im weiteren Verlauf versucht haben, im Wirtschaftsausschuss des Parlaments einen Änderungsvorschlag durchzusetzen, indem er mit diesem Wunsch an seinen Parteikollegen, den nunmehrigen Vizepräsidenten des Europaparlaments und ÖVP-Delegationsleiter Othmar Karas bzw. dessen Mitarbeiter herantrat. Einen Interventions-Versuch soll es auch beim CDU-Abgeordneten Karl-Heinz Florenz gegeben haben.

"Bloßes Lobbyieren" zu wenig für Veruteilung

"Strafbarkeit wäre nur gegeben, wenn das, was Strasser gemacht hat, etwas Spezifisches ist, das er nur aufgrund seiner Amtsfunktion hat machen können oder Ausfluss seiner Amtsstellung war", erläuterte Fuchs. Ein "bloßes Reden und Lobbyieren" würde den Tatbestand der Bestechlichkeit noch nicht erfüllen: "Es wäre zu wenig, wenn er etwas tut, was jeder andere auch tun könnte."

Der Ex-Innenminister weist sämtliche gegen ihn erhobene Vorwürfe zurück und behauptet, durchschaut zu haben, dass die vermeintlichen britischen Lobbyisten keine solchen waren. Er habe vermutet, dass die beiden "einem britischen oder amerikanischen Dienst angehören, der in Wirtschaft oder sonstigen Dingen Ausforschungen macht", so Strasser vor drei Wochen als Zeuge in einem vom ihm geführten Medienprozess gegen die Tageszeitung "Kurier". Er habe versucht, "sie zu überführen" und sich daher zum Schein auf die Gespräche eingelassen: "Ich habe die provoziert, um herauszufinden, was los ist, was die wollen, wer die sind." (APA, 10.8.2012)