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Ukrainische Demonstranten würden die Unterstützer des neuen Sprachengesetzes am liebsten hängen sehen.

Foto: EPA/SERGEY DOLZHENKO

Kiew/Wien - Mit der Veröffentlichung im Amtsblatt der Ukraine ist am Freitag das umstrittene Sprachengesetz offiziell in Kraft getreten. Demnach verliert das Ukrainische seinen Status als einzige Amtssprache des Landes. 18 Minderheitensprachen, darunter Russisch, Ungarisch, Bulgarisch, Polnisch, Moldawisch, Tatarisch, Deutsch und Jiddisch, werden aufgewertet. In Regionen, in denen mehr als zehn Prozent der Bevölkerung einer bestimmten Sprachgruppe angehören, wird die Minderheitensprache neben dem Ukrainischen zur Amtssprache.

"Nach der Annahme dieser Änderungen wird das Gesetz die Gesellschaft nicht mehr spalten", sagte Anna German, die Beraterin des ukrainischen Präsidenten Wiktor Janukowitsch. Davon ist allerdings derzeit noch wenig zu bemerken. Seit Bekanntwerden der Pläne reißen die Proteste gegen das neue Sprachengesetz nicht ab.

Russisch ist damit de facto nun in 13 von insgesamt 27 Regionen Amtssprache. Kritiker befürchten, dass dadurch die Bemühungen, eine gesamtukrainische Identität zu schaffen, untergraben und die Spannungen zwischen dem ukrainischsprachigen Westen und dem russisch geprägten Osten verschärft werden. Mit der Neuerung entfalle für die russischsprachige Bevölkerung der Anreiz, Ukrainisch zu erlernen. Mehr als 30 Prozent der Ukrainer gaben bei der Volkszählung 2001 an, Russisch als Muttersprache zu haben.

Die Opposition wirft Präsident Janukowitsch Stimmenfang in seinen Hochburgen im Osten vor. Die angespannte wirtschaftliche Lage und die ausufernde Korruption haben die Beliebtheitswerte von Janukowitschs Partei in den Keller rasseln lassen. Bei der letzten Parlamentswahl 2006 erreichte die Partei der Regionen noch 31 Prozent. Im Juli waren es laut einer Umfrage des Rasumkow- Meinungsforschungsinstituts nur 21 Prozent. Der Termin für die nächste Parlamentswahl wurde mehrmals verschoben und im Februar 2012 auf den 28. Oktober festgesetzt.

Die Mobilisierung seiner Wähler dürfte für Janukowitsch allerdings teuer werden. Die Umsetzung des Gesetzes wird nach einer Schätzung des ukrainischen Finanzministeriums bis zu 17 Milliarden Grywnia (rund 1,7 Milliarden Euro) jährlich kosten, berichtete das ukrainische Magazin Korrespondent. Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat aufgrund ausbleibender Reformen die Auszahlung eines 15-Milliarden-Dollar-Kredits auf Eis gelegt. (Verena Diethelm, DER STANDARD, 11./12.8.2012)