Neuer Streit um den Steuerdeal.

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Wien/Berlin - Der Ankauf mehrerer Steuer-CDs durch Nordrhein-Westfalen hat die Debatte über die geplanten Amnestieabkommen mit der Schweiz erneut angefacht. Nordrhein-Westfalens Finanzminister Norbert Walter-Borjans wirft Schweizer Banken vor, deutschen Steuerhinterziehern Hilfe bei der Umgehung des Abkommens zu leisten. Fahnder hätten Hinweise darauf, dass "in großem Stil" darüber nachgedacht wird, wie das in der Schweiz geparkte Geld für die Schweizer Banken erhalten werden könne, so Walter-Borjans in einem ZDF-Interview.

Die Financial Times Deutschland hatte zuvor berichtet, dass sich auf den Steuer-CDs Informationen befinden, wonach Kundenberater der UBS deutsche Steuerhinterzieher dabei unterstützen, Geld nach Singapur zu verschieben. Die Steuerabkommen der Schweiz mit Österreich und Deutschland sehen die Legalisierung von Schwarzgeldern mittels Abschlagszahlungen vor. Die Verträge sollen im Jänner 2013 in Kraft treten. Bis dahin ist es Bankkunden legal möglich, ihr Geld ins Ausland zu schaffen, weshalb Kritiker die Abkommen von Anfang an als löchrig bezeichneten.

Singapur zählt zu den am schnellsten wachsenden Finanzplätzen der Welt. Laut der auf Steuerfragen spezialisierten NGO Tax Justice Network ist Singapur eine Hardcore-Steueroase: Die in dem Stadtstaat angelegten Gelder, sind zwar verglichen mit den Schwarzgeldern in der Schweiz sehr gering. Dafür bietet Singapur laut Tax Justice Network reichen Kunden aber strengste Verschwiegenheit an. Vor allem Trusts laden zu Missbrauch ein, weil Singapur Eigentümern dieser Investmentvehikel keinerlei Offenlegungspflichten vorschreibt.

Singapur-Connection

Steuerexperten wie der Deutsche Markus Meinzer halten die Singapur-Connection daher für "absolut realistisch". Die UBS selbst verfügt über gute Verbindungen in die Republik: Die staatliche Government of Singapore Investment Corporation ist mit 6,45 Prozent größter Einzelaktionär der UBS. Die Bank selbst weist alle Vorwürfe strikt zurück.

Sollte es tatsächlich größere Abflüsse von Steuergeldern in Richtung Asien geben, stellt sich die Frage, ob die Schwarzgeldabkommen die versprochenen Einnahmen bringen werden. Die österreichische Regierung rechnet mit über einer Milliarde Euro fürs Budget aus dem Deal.

Die neuen Meldungen ändern an dieser Berechnung nichts, heißt es aus dem Finanzministerium in Wien: "Natürlich gibt es Fälle, in denen das Schwarzgeld aus einem kriminellen Hintergrundgeschäft stammt. Diese Kriminellen könnten ihr Geld abziehen. Die überwiegende Mehrheit ist allerdings an einer Regularisierung ihres Vermögens in der Schweiz interessiert".

Auch die SPÖ, die im Nationalrat für den Pakt gestimmt hat, will keine Kehrtwende machen: Das Abkommen sei ein Versuch, Steuergelder zurückzubekommen. Auf die Mittel, die jetzt abfließen könnten, "hätte man sonst auch keinen Zugriff gehabt", sagt SP-Finanzsprecher Jan Krainer.

In Deutschland sehen das Grüne und SPD freilich anders: Beide Parteien lehnten am Freitag den Steuerdeal mit der Schweiz unter dem Hinweis auf die Schlupflöcher neuerlich ab. Ohne die Unterstützung der deutschen Opposition kann der Pakt in Berlin allerdings nicht ratifiziert werden. (András Szigetvari, DER STANDARD; 11.8.2012)