Was auf dem Sinai passiert, ist eine schöne Lektion in Sachen Kollateralschaden: Dass die ägyptischen Sicherheitskräfte heute mit Zustimmung aus Jerusalem die Entmilitarisierungsauflagen des israelisch-ägyptischen Friedensvertrages verletzen dürfen, ist auch eine Folge der Libyen-Intervention der Nato.

Waffenschmuggel auf dem Sinai hat es immer gegeben, aber erst seit die in Libyen "verschwundenen" Waffen dazugekommen sind, ist das ein richtig großes Geschäft für die jahrzehntelang vernachlässtigten Beduinen - jene, denen Einkünfte aus dem Tourismus verwehrt sind, und das werden immer mehr. Man kann davon ausgehen, dass bereits eine Menge schwerer Waffen im Umlauf - und bei Jihadisten gelandet - sind. Diese wittern auch angesichts der Ereignisse in Syrien wieder Morgenluft. Sie haben in den Beduinenstämmen Fuß gefasst, die wenig Grund zur Identifikation mit dem ägyptischen Staat haben: Viele von ihnen, ein geschätztes Viertel der beduinischen Bevölkerung, haben keinen Pass und keine Bürgerrechte.

Dazu kommen die einsickernden radikalen Gruppen aus dem Gazastreifen, die die Hamas längst nicht mehr im Griff hat. Präsident Mohammed Morsi trat in die Fußstapfen seines Vorgängers Hosni Mubarak und machte kurzfristig die Grenzen zu seinen palästinensischen Brüdern dicht. Und um die Ironie noch deutlicher zu machen, beschuldigte ihn die Hamas darauf der "kollektiven Bestrafung". (DER STANDARD, 11.8.2012)